„Ich genieße das auch“: Für Flick und Barcelona läuft es. © IMAGO
Barcelona – Eine Frage geht noch, oder? Hansi Flick hörte am Mittwochabend gar nicht mehr auf zu sprechen. Denn das lustige Frage-Antwort-Spiel – gelöchert auf spanisch, beantwortet in deutsch – machte dem 59-Jährigen auf dem Podium des Olympiastadions von Barcelona sichtlich viel Freude. Weit nach Mitternacht war es daher, der Bayern-Bus war schon lange in die laue spanische Nacht verschwunden, als Flick mit seinem kleinen Rollköfferchen aus dem gewaltigen Stadionbau schritt. Im Gesicht ein Lächeln, im Kopf die Gewissheit, ein echtes Statement hinterlassen zu haben. Einen Sieg gegen die eigene Vergangenheit. Einen Sieg für die Zukunft des Vereins, mit dem er „ein neues Kapitel aufgeschlagen“ hat.
Persönlich hörte Flick nicht, dass er auch auf dem Bayern-Bankett Thema war. „Als fairer Verlierer muss man sagen: Gratulation, Hansi Flick! Er hat mit seinem Team zu Recht gewonnen“, sagte Jan-Christian Dreesen in seiner Rede. Man war sich aber auch rund um das deutliche 4:1 (3:1) auf dem Rasen trotz aller Vorgeschichten kollegial begegnet. Von Genugtuung wollte der Ex-Bayern-Coach Flick daher auch „überhaupt nicht sprechen“. Vielmehr half ihm der verdiente Sieg des von ihm wachgeküssten Barca dabei, „positiv nach vorne zu schauen“.
Gründe dafür gab es genug. Eine „sehr spannende Mannschaft, junge Spieler mit sehr viel Potenzial“ hatte Flicks Ex-Schüler Joshua Kimmich ausgemacht. Am Ende des Abends aber wurde weniger über Lamine Yamal oder gar Robert Lewandowski gesprochen, sondern so gut wie ausschließlich über den Dreifachtorschützen Raphinha. „So einen Spieler habe ich noch nicht gehabt als Trainer“, sagte Flick über den 27 Jahre alten Brasilianer, der seine Glanzform schon in den vergangenen Wochen angedeutet hatte. Die Bayern-Abwehr konnte bei seinen drei erfolgreichen Aktionen nur zusehen und staunen – und auch Real Madrid wird genau hingeschaut haben. Dem anstehenden „Clasico“ blickt Flick freilich selbstbewusst entgegen: „Mit einem solchen Sieg im Koffer nach Madrid zu fahren? Das ist gut!“
Von Titeln wollte Flick noch nicht sprechen, aber er gab zu: „Ich genieße das auch.“ Vom Aus bei Bayern oder gar Graugänsen beim DFB sprach plötzlich niemand mehr, vielmehr gab es Gratulationen aus allen Richtungen. Eine davon kam von jenem Mann, der als dritter nach Julian Nagelsmann und Thomas Tuchel versucht, an die erfolgreichen Bayern-Zeiten unter Flick anzuknüpfen. Vincent Kompany sagte: „Auch wenn es schmerzt, muss man sagen: Hansi Flick, Gratulation! Er hat mit seinem Team zurecht gewonnen.“ Danach war die Pressekonferenz der Bayern schnell beendet. Die Bühne gehörte an diesem Tag einem anderen.
HANNA RAIF