Rodri (li.) zog sich einen Kreuzbandriss zu, auch sein Teamkollege Kevin de Bruyne kritisierte den vollen Terminkalender. © Blunsden, Campo/Imago
Maheta Molango, Gewerkschafts-Boss © IMAGO/French
Es ist ein Streit, der lange schwelte und seit gut zwei Wochen die besten Anwälte des Kontinents beschäftigt. Im Zuge der Diskussion um die Belastung von Profifußballern hat der Verband der europäischen Ligen gemeinsam mit mehreren Spielergewerkschaften offiziell eine Beschwerde gegen die FIFA bei der EU-Kommission eingereicht. Maheta Molango, Geschäftsführer der englischen Spielergewerkschaft PFA, erklärt im Interview die Hintergründe.
Herr Molango, was war der ausschlaggebende Grund für die Beschwerde?
Diese Saison zeigt leider perfekt, was mit dem Spielplan falsch läuft. Im Sommer 2025 werden wir Spieler sehen, die am 31. Mai das Champions-League-Finale spielen. Danach wechseln sie in eine Länderspielpause, in der nur vier Tage später erst das Halbfinale (4. Juni) und dann das Finale (8. Juni) der Nations League stattfinden. Das Endspiel wiederum steigt nur eine Woche vor dem geplanten Beginn der Club-WM in den USA. Gelingt dort der Einzug ins Finale, werden diese Spieler vom 14. Juni bis zum 13. Juli unterwegs sein. Und wenn man zum Beispiel in England die Meisterschaft gewinnt, muss man am 8. August schon wieder zurück sein. Das funktioniert einfach nicht. Wie soll man das alles schaffen, ohne dass am Ende eine Verletzung oder ein Leistungsabfall die Folge ist?
Wie wirkt sich die Belastung konkret auf die Gesundheit der Spieler aus?
Die körperliche und psychische Gesundheit leidet. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem es auch nicht mehr nur um die Gesundheit der Spieler geht, sondern um die der Branche. Wir sehen, dass die Qualität auf dem Spielfeld leider gesunken ist – und damit auch der Unterhaltungsfaktor.
Wie ist der Austausch, wenn Sie mit Spielern sprechen? Worüber beschweren sie sich?
Ihre größte Sorge ist, dass sie nicht mitreden dürfen. Sie verstehen nicht, wie es sein kann, dass wichtige Entscheidungen, die sie direkt betreffen, getroffen werden können, ohne dass sie die Möglichkeit haben, ihre Bedenken zu äußern und gehört zu werden. Und dann gibt es noch eine zweite große Sorge.
Nämlich?
Um sich mit den Besten zu messen, will jeder Spiele die bestmögliche Leistung auf den Platz bringen. Das können sie im Moment aber nicht. Und das ist sehr frustrierend. Sie stehen vor einem Dilemma: Entweder schaffen sie es nicht an ihre Bestleistung heran, oder sie drohen sich zu verletzen. Das ist wirklich eine Schande.
Wie wichtig ist es, dass Spieler wie de Bruyne und Rodri öffentlich ihre Stimme erheben?
Sehr wichtig! Und ich finde, sie tun es auf eine sehr respektvolle Art und Weise. Aber sie sagen auch: Bitte gebt uns die Chance, uns von unserer besten Seite zu zeigen. Bitte gebt uns die Chance, unsere Kraft auf dem Spielfeld nicht einteilen zu müssen.
Es gibt Stars, die im Moment viel zu viel spielen.
Wenn Wirtz schon jetzt drei- oder viermal so viele Minuten gespielt hat wie Michael Ballack damals im gleichen Alter, dann mache ich mir große Sorgen um seine Zukunft. Denn irgendwann stößt der menschliche Körper an seine Grenzen.
Wie wichtig ist die wirtschaftliche Komponente bei der Entscheidung der FIFA, die Anzahl der Spiele zu erhöhen?
Es ist wie mit der Zitrone, die man bis auf den letzten Tropfen ausdrücken will. Einerseits wird behauptet, dass nur eine Minderheit aller Spieler davon betroffen ist. Andererseits will man aber auch nicht genau auf diejenigen verzichten.
Glauben Sie, dass die FIFA ihrer Verantwortung für den Schutz der Spieler gerecht wird?
Die FIFA hat sich im Laufe der Jahre in vielerlei Hinsicht positiv verändert, aber es ist einfach wichtig, dass es auf internationaler Ebene jemanden gibt, der sich um das Wohl des Fußballs kümmert. Aber das ist leider momentan nicht der Fall.
INTERVIEW: JOHANNES OHR