„Ich sehe uns extrem in der Pflicht“

von Redaktion

Laura Kluge über das deutsche Frauen-Eishockey und ein Camp in Toronto

Laura Kluge. © IMAGO/nordphoto

Deutsche Torjägerin: Laura Kluge beim WM-Sieg 2024 gegen Schweden. © IMAGO/Nathan Denette

Landshut – Zum zweiten Mal findet der Deutschland Cup in Landshut als Eishockeyturnier für Männer und Frauen statt. Das Nationalteam der Frauen geht in eine ereignisreiche Saison. Neben der Weltmeisterschaft in Tschechien hat es im Februar in Bremerhaven die Qualifikation für Olympia 2026 zu bestreiten. Wie steht es ums deutsche Frauen-Eishockey? Ein Gespräch mit Laura Kluge. Die seit gestern 28-Jährige ist eine der besten Stürmerinnen im Land, sie durchlief den kompletten Nachwuchs der Eisbären Berlin, spielte bis zum Abitur bei den Jungs mit. Zu dieser Saison wechselte sie vom Deutschen Meister ECDC Memmingen zurück ins Eisbären-Frauen-Team.

Laura, Sie haben gerade ein Wochenende mit zwei Spitzenspielen in der Frauen-Bundesliga hinter sich. Wie war‘s?

Es war etwas Besonderes für mich und sehr emotional, gegen meinen Ex-Verein Memmingen zu spielen und viele vertraute Gesichter zu sehen. Jetzt freue ich mich, bei der Nationalmannschaft wieder mit ihnen vereint zu sein.

Bei den Frauen läuft ein Eishockey-Wochenende anders als bei den Männern. Gespielt wird an zwei aufeinanderfolgenden Tagen. Ihre Startzeiten gegen Memmingen waren Samstag, 19 Uhr, Sonntag, 13 Uhr. Das stellt man sich extrem fordernd vor.

Der Körper gewöhnt sich daran. Bei uns ist es effizienter, aufgrund der Strecken und der Kosten Doppelspieltage zu veranstalten. Aber es wäre auch mal cool, am Wochenende nicht mehr jeden Tag spielen zu müssen, sondern auch mal Pause zu haben.

Die Bundesliga ist von außen betrachtet schon merkwürdig. Sechs Teams, voriges Jahr war Amsterdam dabei, dieses Jahr ist es Budapest. Es sind nur 24 Spiele bis zu den Playoffs, zwischendurch gibt es längere Pausen, wenn die Nationalmannschaft Lehrgänge hat. Wie nimmt man die Liga als Spielerin wahr?

Ich freue mich über die Bundesliga, denn sie ist besser und ausgeglichener geworden. Man muss mit vollem Fokus in jedes Spiel reingehen.

Der frühere Serienmeister ESC Planegg aus der Nähe von München hat sich aus der höchsten Liga zurückgezogen. Wehmütig?

Es ist schon immer traurig, wenn ein Verein sich abmelden muss, weil er nicht genügend Spielerinnen hat oder die finanziellen Mittel fehlen. Der Liga hat‘s aber nicht geschadet, weil die Planeggerinnen sich aufgeteilt haben auf die anderen Clubs und diese stärker machen und die Liga ausgeglichener.

Sie wurden für Ihre Rückkehr nach Berlin gefeiert. Doch waren das 1:0 und 0:3 gegen Memmingen schon ihre Abschiedsspiele? Es ist zu hören, dass Sie nach dem Deutschland Cup nach Toronto fliegen werden, um am Camp des dortigen Teams der Professional Women‘s Hockey League teilzunehmen, die in Nordamerika ein großes Ding ist.

Nein, ich glaub‘s nicht, dass das mein Abschied war. Ich freue mich natürlich, die Möglichkeit zu haben auf dieses Tryout-Camp, doch der Kader von Toronto ist ziemlich gefüllt, die meisten Stürmerinnen haben schon einen Vertrag bekommen. Die Chancen sind für mich nicht super, aber ich werd‘s genießen.

Wie kommt man überhaupt in so ein Camp?

Es ist tricky gewesen dieses Jahr. Man muss sich für den Draft anmelden und dadurch zeigen, dass man zur Verfügung steht – erst dann wird man zu den Camps eingeladen. Man kann nicht einfach auftauchen und sagen „Hier bin ich“. Die Camps sind auf 28 Plätze beschränkt, ein kleines Kreis, von dem 22, 23 genommen werden. Der Rest wird nach Hause geschickt.

Sie haben schon vier Jahre in Amerika in Ihrem Lebenslauf stehen. Als Studentin an der St. Cloud University.

Das war eine mega Erfahrung, Studium und Eishockey zusammenbringen zu können, ich würde es jederzeit wieder machen.

Einen Abschluss hat‘s auch gebracht?

In Marketing und Management. Ich probiere jetzt, über Praktika Einblicke zu bekommen und will nach meinem Sport einsteigen.

Zur Nationalmannschaft: Das zweite Mal in diesem größeren Rahmen, dem Deutschland Cup. Eine Bestätigung fürs Frauen-Eishockey?

Wir freuen uns sehr, diese Kulisse wieder haben zu dürfen, das nehmen wir nicht als Selbstverständlichkeit, sondern sehen uns in der Verantwortung, Leistung aufs Eis zu bringen. Für uns ist das eines der größten Turniere, und wir wollen zeigen, dass wir es auch gewinnen können.

Voriges Jahr gab es in Landshut ein 0:8 gegen Tschechien, Monate später bei der WM in den USA im Viertelfinale dann fast die Sensation. Bis zur 53. Minute hieltet Ihr ein 0:0, erst dann fiel das Tor für die Tschechinnen. Was ist dazwischen geschehen?

In Landshut fehlten uns einige Spielerinnen wegen Schule und Uni in Amerika – und das waren Leistungsträgerinnen. Nichtsdestotrotz haben wir uns während der Saison gesteigert, Reihen haben sich gefunden und eine Chemie aufgebaut, sodass es bei der WM richtig gut lief.

Was ist der Saison-Höhepunkt?

Definitiv die Olympia-Quali, das ist der Hauptfokus. 2026 in Mailand dabeizusein, wäre wichtig für uns, ich sehe uns da extrem in der Pflicht.

Vor einem Jahr präsentierte der DEB die Idee, weil er 2027 ohnehin die Männer-WM ausrichten wird, sich um die WM der Frauen zu bewerben und diese quasi vorzuschalten. Das hat sich mittlerweile zerschlagen.

Wir wären gerne dabei gewesen, hätten die Kulisse und Bühne wie die Männer gerne öfter. Aber wenn es aus logistischen Gründen nicht geht, werden wir uns nicht beschweren. Aber dass es die Idee gab, hat unseren Stellenwert untermauert.

Da Sie hier ja nun auch ihren männliche Kollegen über den Weg laufen werden – mit wem würden Sie sich am liebsten austauschen? Das Angebot an Spielern reicht ja bis zu Tom Kühnhackl als zweimaligem Stanley-Cup-Sieger.

Schwierig. Sich mit einem Stanley-Cup-Sieger auseinanderzusetzen, wäre cool. Aber ich persönlich würde Leon Gawanke nehmen (jetzt Mannheim, d. Red.), weil ich den aus der Kindheit in Berlin kenne und länger nicht gesehen habe.


INTERVIEW: GÜNTER KLEIN

Artikel 1 von 11