Ironman-Weltmeister: Patrick Lange © IMAGO/Hilger
Nach dem Test: Erschöpft, aber noch guten Mutes.
Formkurve-Coach Raphael Keller führte mit Redakteur Mathias Müller den Laufbandtest durch.
Roth-Sieger bei den Männern 2024: Magnus Ditlev, empfangen von Triathlon-Legende Jan Frodeno (li.). © IMAGO/Hilger
Leistungstest auf dem Laufband: Die Atemmaske misst bei der Spiroergometrie die Sauerstoff- und CO2-Werte. © Achim Schmidt (4)
München – Bisher haben Ironman-Weltmeister Patrick Lange und ich genau eine Gemeinsamkeit – den Geburtsjahrgang 1986. Im kommenden Jahr soll eine weitere dazukommen: Ich will am 6. Juli zum ersten Mal in meinem Leben eine Triathlon-Langdistanz (3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren, 42,2 km Laufen) absolvieren. Wo? Bei der Challenge Roth, im bayerischen Triathlon-Mekka. So weit der Plan und die nackten Zahlen.
Ende Oktober auf einem Laufband im Münchner Westend scheint dieses Abenteuer noch weit weg. Ich quäle mich bei den Jungs von Formkurve durch einen Belastungstest, der meine aktuelle Form ermitteln soll. Als Outdoor-Läufer fühlt sich das Laufband ohnehin schon ungewohnt an. Dazu kommt die Darth Vader ähnliche Maske (Fachbegriff dieser Testform: Spiroergometrie), die meine Atemgase aufzeichnet, aber auch nicht dazu beiträgt, dass ich freier atmen kann. Nach gemächlichem Beginn steigert sich die Geschwindigkeit alle drei Minuten. Dazwischen misst Trainer Raphael Keller zusätzlich meine Laktatwerte. Bei knapp 13 mmol/l geht endgültig nichts mehr. In meinem Fall bedeutet das eine Pace von 3:20 Minuten pro Kilometer.
Mein Herz pumpt wie wild, ich atme schwer. „Das war doch ganz ordentlich, darauf können wir aufbauen“, höre ich Keller sagen. Ganz ordentlich? Na sauber. Worauf habe ich mich da bloß eingelassen? Als ehemaliger Fußballer und noch aktiver Tennis-Mannschaftsspieler ist mir Ausdauersport nicht fremd. Und in diesem Jahr habe ich immerhin zwei Triathlon-Mitteldistanzen mit einer Zeit um die fünf Stunden ins Ziel gebracht. Aber den Ironman umweht nach wie vor ein großer Mythos – das stellt sich auch im Analyse-Gespräch heraus. „Alleine ein Marathonlauf führt bei einem Großteil der Läufer zu grenzüberschreitenden Anstiegen von kardialen Markern im Blut, die normalerweise nur z.B. nach einem Infarkt erhöht sind. Das ist normal und der trainierte Sportler ist am nächsten Tag wieder fit. Aber man muss sich eben langsam und gezielt auf eine Langdistanz vorbereiten“, sagt Keller.
Bisher habe ich mich mit meinem Rest-Wissen aus dem Sportstudium vor knapp 15 Jahren durchgeschlagen, aber für dieses Abenteuer habe ich mich bei Formkurve in professionelle Hände begeben. Wer anfängt, sich mit dem Triathlonsport intensiver zu beschäftigen, stellt nämlich auch schnell fest, dass man sich in kleinsten Dingen, vor allem bei der Ausrüstung (Stichwort: Materialschlacht), ziemlich verrennen kann.
Apropos. Durch den Test wissen wir nun, wie sich meine Herzfrequenz bei Belastung entwickelt, wann die Übersäuerung (durch Laktat) einsetzt und wie die Energiebereitstellung bzw. die Stoffwechselvorgänge aussehen. „Daraus ziehen wir unsere Rückschlüsse und bauen den Trainingsplan auf“, sagt Keller, der klarstellt: „Wer sich eine Langdistanz zum Ziel setzt, der sollte im Schnitt mindestens zehn Stunden die Woche trainieren.“ Auch aus Selbstschutz. „Man darf nicht vergessen, dass es hier und da leider auch mal Todesfälle gibt“, so Keller. Aus sportwissenschaftlicher Sicht sehen meine Werte gut aus, mein „System“ hat linear zur steigenden Belastung reagiert. Ob ich einen Ironman schaffen würde, wenn der Termin schon in drei Wochen wäre? „Rein vom Stoffwechsel her würdest du das Durchstehen“, sagt Keller. „Wie gesund das wäre und wie das Muskelskelettsystem den abschließenden Marathon überstehen würde, ist aber eine andere Frage.“ Trotzdem ermutigende Worte.
Auch meine grob anvisierte Zielzeit von unter elf Stunden hält er für realistisch. Zum Vergleich: Patrick Lange brauchte bei seinem WM-Sieg vergangene Woche auf Hawaii 7:35:53 Stunden, Magnus Ditlev überquerte die Ziellinie bei seinem Roth-Sieg 2024 nach 7:24:40 Stunden. Die Profis investieren dafür 35 bis 45 Stunden. Dafür fehlt den Amateuren (den sogenannten Agegroupern) natürlich die Zeit. Für mich geht es in den kommenden Wochen darum, meine Grundlagenausdauer (aerobe Kapazität) zu verbessern und meine kleinen Wehwehchen (Achillessehne, Schulter, Rücken) in den Griff zu bekommen.
Die Energiegewinnung soll im Training in erster Linie Laktat frei über Fette und Kohlenhydrate erfolgen. Hier helfen die ermittelten Herzfrequenzbereiche. „Der am meisten verbreitete Fehler ist, dass die Leute zu früh zu schnell laufen“, sagt Keller. Parallel dazu versuchen wir meine maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit (VO2 Max) zu erhöhen, also mehr Sauerstoff in den Körper zu bekommen. Dadurch lässt sich auch Laktat besser verstoffwechseln. Klingt alles ganz einfach. Aber ob und wie das klappt? Ich werde in den kommenden Monaten berichten…
Sie haben Anregungen oder Fragen? Schreiben Sie gerne an
MATHIAS.MUELLER@OVB.NET