„Von der NFL kann man viel lernen!“

von Redaktion

Marketing-Experte Oliver Bierhoff über Football-Erfolgsgeheimnisse

Auch der Fußball ist begeistert: Die DFB-Granden Julian Nagelsmann und Rudi Völler.

Der Champion in Aktion: Mahomes (re.) beim Passspiel. © IMAGO/Denny Medley

Oliver Bierhoff

Viele Superstars und viel Show: Hier Patrick Mahomes nach dem Super-Bowl-Sieg. © IMAGO/Kirby Lee

Oliver Bierhoff (56) unterstützt die New England Patriots beim Markenaufbau im deutschsprachigen Raum. Der frühere DFB-Direktor spricht mit unserer Zeitung über die clevere Vermarktung der National Football League, Superstars und wobei der Fußball von Football lernen kann.

Die NFL kehrt nach der Premiere 2022 und den beiden Frankfurt-Spielen letztes Jahr nach München zurück. Wie wichtig sind die internationalen Auftritte für das Bestreben der Liga, den Sport weltweit populär zu machen?

Internationale Auftritte sind für die NFL von zentraler Bedeutung. Die Spiele in Deutschland sind ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie die NFL strategisch und insbesondere langfristig ihre Marke weltweit ausbaut. Für die Fans hier ist es eine einmalige Gelegenheit, den Sport, der in den USA längst ein kulturelles Phänomen ist, live und mit all seinen Emotionen und Geschichten zu erleben. Die Begeisterung vor Ort ist der beste Weg, um nachhaltig das Interesse und die Popularität zu steigern.

Sie unterstützen die New England Patriots beim Marktausbau in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Patriots haben letztes Jahr in Frankfurt gespielt, dieses Jahr in London. Welche Effekte haben sich durch die Gastauftritte ergeben?

Die Gastauftritte der Patriots in Europa haben spürbar Wirkung gezeigt. Die Patriots gehören hier in Europa zu einem der populärsten NFL-Teams. Das liegt natürlich auch an den großen Erfolgen in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren. Das verstärkte Interesse an der NFL und auch an den Patriots macht sich nicht nur beim Fanwachstum, sondern auch bei Partnerschaften und Projekten bemerkbar. London und Frankfurt als Gastgeberstädte waren hervorragende Plattformen, um die große Faszination Football im deutschsprachigen Raum noch greifbarer zu machen.

Auch im Fußball, beispielsweise der spanischen Liga, sollen offizielle Spiele im Ausland stattfinden. Eine clevere Idee?

Wenn man sieht, wie erfolgreich die NFL solche Spiele außerhalb der USA veranstaltet, merkt man, dass dieser Ansatz sehr wirksam sein kann, um einen Sport international zu positionieren. Für den Fußball könnte das ebenfalls funktionieren, allerdings ist die Tradition und Bindung der Fans im Fußball noch einmal stärker ausgeprägt. Der Schlüssel liegt darin, ein Gleichgewicht zu finden und den Fans deutlich zu machen, dass es dem Ziel dient, ihre Liga und ihren Sport international zu positionieren. Letztlich kommt es darauf an, wie solche Spiele eingebettet werden und welche Mehrwerte sie langfristig schaffen.

Vor zwei Jahren war Tom Brady in München, letztes Jahr Patrick Mahomes in Frankfurt. Wie wichtig sind diese Superstars für die Erschließung neuer Märkte?

Superstars sind entscheidend, wenn es darum geht, neue Märkte zu erschließen. Sie verkörpern die besten Seiten des Sports und bringen eine riesige Aufmerksamkeit mit sich. Für viele Fans in Deutschland, die Football gerade erst entdecken, sind solche Spieler wichtige Identifikationsfiguren. Sie inspirieren nicht nur durch ihre sportlichen Leistungen, sondern auch durch ihre Persönlichkeiten und Geschichten. Diese Spieler haben eine Ausstrahlung, die überall spürbar ist und insbesondere eine Begeisterung für den Sport weckt – gerade in einem Markt wie Deutschland, der stark wächst.

Die NFL schafft es perfekt, die besten Geschichten medial zu pushen. Die Teams werden teilweise die ganze Saison über von TV-Kameras begleitet. Können Sportarten, die oft nur während Großereignissen im Rampenlicht stehen, hiervon lernen?

Absolut, da kann man viel lernen. Die NFL versteht es hervorragend, über Geschichten eine emotionale Bindung zu schaffen und neue Zielgruppen anzusprechen. Die kontinuierliche mediale Begleitung der Teams, die Nähe zu den Spielern und die vielfältigen Inhalte – das sind Erfolgsfaktoren, die sich auch auf andere Sportarten übertragen lassen.

In der NFL gibt es eine zentralistische Vermarktung. Während Fußball-Deutschland um die Vergabe der TV-Rechte streitet, hat die NFL einen Rekordvertrag über 110 Milliarden Dollar abgeschlossen. Kann die NFL als Vorbild dienen?

Die zentrale Vermarktung der NFL ist ein beeindruckendes Beispiel für Effizienz und Bündelung von Ressourcen. Eine stärkere Zentralisierung könnte helfen, bessere Verträge auszuhandeln und den globalen Markt gezielter anzusprechen. Gleichzeitig muss man aber die besonderen Strukturen und die starke Fankultur in Europa berücksichtigen. Ein Modell komplett zu übernehmen, ist schwierig, aber eine Anpassung und Optimierung einzelner Elemente durchaus denkbar.


INTERVIEW: P. KESSLER UND

NICO-MARIUS SCHMITZ

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