Als alles vorbei war, hatte die Glückseligkeit auch den Mann am Mikrophon erfasst. „Spitzenreiter, Spitzenreiter“, krähte Bayerns Hallensprecher Thomas Killian durch den SAP-Garden. Gut, das war ein bisschen voreilig. Ein paar winzige Körbe hat Zalgiris Kaunas den Münchnern immer noch voraus. Doch die Feierlaune im SAP Garden konnte natürlich auch das nicht trüben.
Die Bayern sind das Team der Stunde in Basketball-Europa. Nach fünf Siegen in Serie ist der deutsche Double-Sieger mittendrin im Spitzenfeld der Königsklasse. So gut standen die Münchner in ihrer gar nicht mehr so jungen Geschichte in Europa erst einmal da. 2020/21 starteten sie sogar mit 7:2-Erfolgen durch. Was herauskam ist bekannt: Seinerzeit war erst im fünften Viertelfinale gegen Mailand Endstation.
Der neuerliche Frühling mag überraschen. Und doch kommt der Aufschwung dieses Herbsts nicht von ungefähr. Die Bayern haben ihr Team der letzten Jahre weiterentwickelt. Haben vor allem den Kern ihrer deutschen Profis mit Akteuren wie Johannes Voigtmann oder Oscar da Silva gezielt verstärkt. Und was gerade in dieser Phase besonders wichtig ist: Sie haben in Carsen Edwards an einem Mann festgehalten, der andernorts als schwieriges Talent verschrien war. Und die us-amerikanische Zaubermaus zahlt den Bayern das Vertrauen mit außergewöhnlich guten Auftritten zurück.
Klar, es ist erst knapp ein Viertel der Euroleague-Hauptrunde in den Büchern. Die Bayern werden in den nächsten Wochen und Monaten trotz ihres bemerkenswerten Personalcoups mit dem Türken Onuralp Bitim weit schwierigere Zeiten zu bewältigen haben. Zeiten, in denen auch die Qualitäten von Trainer Gordon Herbert auf dem Prüfstand stehen werden. Doch der Kanadier ist lange im Geschäft und er hat sich in seiner Karriere schon oft darin bewiesen, dass er Mannschaften auch durch raue Gewässer steuern kann.
Den Beweis, dass er das nach den goldenen Jahren mit der Nationalmannschaft auch mit einem Top-Vereinsteam wie den Bayern kann, muss Herbert noch antreten auf dem Weg in Richtung Mai/Juni, die Zeit, in der es im Basketball an die großen Fleischtöpfe geht. Zumindest, das wird in diesen ersten Saisonspielen deutlich, hat er die Münchner bereits jetzt zu einem Team gemacht. Und das ist ganz sicher schon einmal ein ganz guter Anfang. patrick.reichelt@ovb.net