Fährt ab 2025 für Audi: Bortoleto. © Gasperotti/dpa
Ingolstadt – Bei Sauber, dem zukünftigen Audi-Team, schlägt die Fahrerentscheidung des italienischen Audi-F1-Chefs Mattia Binotto hohe Wellen und sorgt in Ingolstadt und in der Konzernzentrale in Wolfsburg für Unruhe und Missmut. Hintergrund: Ex-McLaren-Junior Gabriel Bortoleto (20) wurde vom Ex-Ferrari-Teamchef angeheuert, um 2025 und darüber hinaus an der Seite des deutschen Veteranen Nico Hülkenberg (37) zu fahren. Er sagte Mick Schumacher ab, obwohl der ganz oben auf der Liste von Konzern-Entscheidungsträgern stand. Die Entscheidung sorgt nicht nur in den Chefetagen für einiges Kopfschütteln.
Ex-Toro-Ross-Teamchef Franz Tost gibt zu bedenken: „Bortoleto ist eine Risikoverpflichtung. Er hat zwar bisher einen guten Job in den Nachwuchsklassen gemacht, aber der Sprung in die Formel 1 ist gewaltig. Die Autos sind bei trockenen Bedingungen relativ einfach zu fahren, aber im Regen von Sao Paulo hat man gesehen, was den anderen hochgelobten Nachwuchspiloten passiert ist: Oliver Bearman war öfters neben der Strecke und wirkte meistens überfordert. Und Franco Colapinto hatte zwei heftige Unfälle. Das kostete Williams Millionen. Auch politisch gesehen wäre es eine äußerst unglückliche Entscheidung.“
Fest steht: Bortoletto wird im Hintergrund von Formel-1-Star Fernando Alonso und dessen Manager Flavio Briatore beraten. Der Italiener, der wegen der Crash-Gate-Affäre in Singapur 2008 vom Automobilweltverband FIA auf Lebenszeit gesperrt wurde, ist unter anderem als Berater von Formel-1-Boss Stefano Domenicali tätig.
Der wiederum soll Audi-Projektleiter Binotto auf Drängen Briatores empfohlen haben, sich für Bortoletto zu entscheiden. Hintergrund: Domenicali gilt als enger Vertrauter Binottos. Beide haben bei Ferrari jahrelang Seite an Seite als Team- und Motorchef miteinander gearbeitet. Hinter den Kulissen wird deshalb über Vetternwirtschaft zwischen Alonso, Dominicali uns Binotto getuschelt.
Ein Nebenkriegsschauplatz, mit dem sich der Formel-1-Boss auch herumschlagen muss: Die US-Justizbehörde ermittelt wegen Verstoßes gegen das US-Wettbewerbsrecht. Vorwurf: Unerlaubte Absprachen zwischen der Formel-1-Führung und anderen Entscheidungsträgern, um so – illegal – zu verhindern, dass das US-Andretti-Team in die Formel 1 einsteigen kann, obwohl der Weltverband grünes Licht gegeben hat.
Dazu kommt: Gerade in der angespannten finanziellen Situation, in dem sich der VW und Audi befinden, dürfen keine strategischen Fehler begangen werden. Mitarbeitern, die um ihren Job fürchten, ist schon das F1-Projekt nur sehr schwer zu vermitteln. Dass aber Binotto noch zusätzlich Millionen in die Hand nimmt, um einen unbekannten Brasilianer zu verpflichten, wird als Super-Gau angesehen.
RALF BACH