Verpatzte Startelf-Chance

von Redaktion

Goretzka darf erstmals von Beginn an ran – und bleibt vieles schuldig

Wenn die Präzision fehlt: Leon Goretzka war seine fehlende Spielpraxis anzumerken. © IMAGO

München – Die 75. Minute hätte für vieles entschädigen können. Nach starkem Dribbling legte Leroy Sané auf Leon Goretzka ab, der vom Strafraumrand zum Abschluss kam. Sein Dropkick war letztlich aber zu unplatziert, St. Paulis Torwart Nikola Vasilj konnte den mittig geschossenen Ball ohne Probleme fangen.

Und so blieb Goretzkas Startelf-Debüt ohne Happy End. Ein später Treffer wäre nicht nur eine Belohnung für dessen harten Kampf zurück in den letzten Monaten gewesen, es hätte auch über die ansonsten schwache Leistung hinwegtäuschen können. Schließlich hat Goretzka seine Startelf-Chance nicht genutzt, beim Arbeitssieg gegen den Kiez-Club (1:0) fiel der Ex-Nationalspieler eher negativ als positiv auf.

Erstmals seit Mai durfte Goretzka wieder von Beginn an ran, der Sechser erwischte jedoch keinen guten Nachmittag, wirkte nervös und unkonzentriert. Zwölf Fehlpässe und 13 Ballverluste zeigten deutlich, wie wenig Spielpraxis der Mittelfeldspieler in den letzten Wochen bekommen hat. Und mit jedem schlampigen Pass merkte man Goretzka die Nervösität mehr an.

Thomas Müller wollte seinen Mitspieler trotzdem aufbauen: „Er ist ein Kämpfer. Jeder muss dranbleiben und bereit sein für seinen Einsatz“, sagte der Angreifer. „Jeder kann sich empfehlen. Wenn es so weit ist, muss du da sein. Es ist natürlich schön zu sehen, dass er sich den Einsatz verdient hat.“

Für den FC Bayern bleibt die Lage um Goretzka damit kompliziert. Nach außen betont der Rekordmeister regelmäßig, den Profi auch im Winter nicht abgeben zu wollen. Das erfolgt einerseits aus Fairness gegenüber dem Spieler, andererseits aber logischerweise auch, um seinen Marktwert nicht unnötig nach unten zu drücken.

Christoph Freund erklärte dementsprechend am Samstag: „Wir haben ihm im Sommer gesagt, dass es schwierig werden wird, weil der Kader so ist, wie er ist. Er hat gesagt, dass er sich der Konkurrenz stellen will und hatte immer wieder Einsätze gehabt“, so der Sportdirektor. „Er hat eine Zukunft beim FC Bayern, das sieht man ja. Wenn man ihn nicht brauchen würde, würde er nicht spielen.“ Zur Wahrheit gehört aber auch, dass mit der Verletzung von Aleksandar Pavlovic (Schlüsselbeinbruch) aktuell ein spielstarker Sechser fehlt, der gegen tiefstehende Gegner wie St. Pauli das Spiel neben Joshua Kimmich ordnet.

Neuzugang Joao Palhinha, der unter der Woche noch in der Champions-League-Partie gegen Benfica Lissabon starten durfte, erscheint für solche Partien eher ungeeignet – wohl auch deshalb kam Goretzka zu seinem überraschenden Startelf-Debüt.

Um sein stattliches Gehalt einzusparen, wären die Münchner deshalb bei Angeboten im Winter einem Verkauf nicht abgeneigt. Schließlich dürfte Pavlovic spätestens zu Beginn des nächsten Jahres wieder fit sein. Goretzka hat dagegen weiter alle Trümpfe in der Hand: Mit seinem Vertrag bis Sommer 2026 könnte er noch knapp anderthalb Jahre bei FCB bleiben und weiter auf Einsätze wie gegen St. Pauli hoffen.
VINZENT TSCHIRPKE

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