Für Berlin nicht zu greifen: Nick Weiler-Babb war Dreh- und Angelpunkt. © IMAGO
Gordon Herbert sah schwer angegriffen aus. Das hatte an diesem Abend aber nichts mit dem Hang seines Teams zur Dramatik zu tun. Der Trainer der Basketballer des FC Bayern hatte eine heftige Erkältung vom Ausflug nach Istanbul zu Wochenbeginn zu tun. Die 115:86-Gala seiner Profis im deutsch-deutschen Euroleague-Duell mit Alba Berlin kam ihm da gerade recht: „Ich bin froh, dass es diesmal nicht bis in die letzte Minute ging.“
15 Minuten lang hatte sich Herberts Ensemble gegen den schwer überforderten nationalen Rivalen regelrecht in einen Rausch gespielt. Auch Dauerbrenner Nick Weiler-Babb, der mit knapp 21 Minuten für seine Verhältnisse fast einen Kurzeinsatz hatte, gefiel es. „Wir haben das nicht so gute Spiel am Dienstag abgehakt“, sagte er, „das war heute richtig gut“.
Dass das so war, daran hatte Weiler-Babb selbst großen Anteil. 12 Punkte sammelte er mit optimaler Wurfquote (5/5) ein, dazu bereitete er elf Korberfolge vor. Und irgendwie steht der Deutsch-Amerikaner für den Wandel, den die Bayern in der Frühphase der Saison erlebten. Zu Beginn war der 28-Jährige eher ein Bremsklotz auf der Spielmacherposition gewesen. Jetzt ist er Dreh- und Angelpunkt des Tempospiels, das Herbert den Bayern verordnete. Für Weiler-Babb das Ergebnis einer Grundsatzentscheidung des Trainers: „Es ist das erste Mal, das ich ein reiner Point Guard bin. Das ist gut für mich.“ In der Tat hatte das in den vergangenen vier Jahren stets anders ausgesehen. Der defensivstarke Allrounder wurde unter Herberts Vorgängern Andrea Trinchieri und Pablo Laso je nach Bedarf auf verschiedenen Positionen eingesetzt. Zum Regisseur machte man ihn eher aus Verletzungsnöten. Das ist nun anders, das wird auch Bundestrainer Alex Mumbru gerne sehen, der hinter Kapitän Dennis Schröder nicht unbedingt ein Überangebot an Point Guards hat.
In Basketball-Europa hat der Münchner Aufschwung längst Wirkung gezeigt. So wie bei Fenerbahces Starcoach Sarunas Jasikevicius, der den Bayern zuletzt sogar den „derzeit besten Basketball“ in der gesamten Euroleague attestierte. Bei den Bayern will man derweil einfach nur auf der Erfolgswelle weiterreiten. „Wir haben momentan das absolute Selbstbewusstsein“, sagte Nick Weiler-Babb, „aber alles ist noch sehr eng, es ist viel zu früh, um darüber nachzudenken, wohin es in diesem Jahr für uns gehen könnte.“
Das könnte kommende Woche vielleicht schon anders aussehen. Am Freitag (20.30 Uhr) ist dann Tabellenführer FC Barcelona im, auch nach fünf Spielen weiter makellosen, SAP Garden zu Gast.
RP