Der Strippenzieher: Gianni Infantino. © Imago
München – Menschenrechtler schlagen verzweifelt Alarm, der Bundestrainer bleibt dagegen diplomatisch – und Oliver Bierhoff wirbt für mehr Pragmatismus: Die Debatte um Saudi-Arabien hat in Fußball-Deutschland kurz vor der umstrittenen Vergabe der WM 2034 endgültig Fahrt aufgenommen. Im Fokus stehen der richtige Umgang mit dem Königreich, die Machenschaften der FIFA, aber auch die Rolle des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).
Das kontroverse Thema erhitzt jedenfalls einmal mehr die Gemüter. „Solange wir von der Bundesregierung keine Einschränkung haben oder eben Geschäfte gemacht werden mit den Ländern, kann man dort auch Sport machen“, betonte nun etwa Bierhoff bei RTL/ntv. Aufgrund ähnlicher Diskussionen rund um die höchst umstrittene WM in Katar sei der DFB vor zwei Jahren „ja ein bisschen auf die Schnauze gefallen“.
Katar dient als warnendes Beispiel – nur in welche Richtung? Klar scheint, dass die Vergabe an Saudi-Arabien auf dem außerordentlichen FIFA-Kongress am 11. Dezember nur Formsache ist. Zweifel daran gibt es kaum, seit der Weltverband um Präsident Gianni Infantino dem schwerreichen Wüstenstaat vor einem Jahr den Weg geebnet hatte – aller Kritik an einem vermeintlichen Hinterzimmerdeal zum Trotz. Und das, obwohl die Kritik an Saudi-Arabien zuletzt keineswegs nachgelassen hat. Arbeitsgewerkschaften zeichnen von dem Land, dem auch der Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi im Jahr 2018 vorgeworfen wird, ein ähnlich verheerendes Bild wie dies vor der Weltmeisterschaft in Katar der Fall war.
Aufgrund seiner negativen Erfahrungen in Katar wünscht DFB-Kapitän Joshua Kimmich seinen Nachfolgern, „dass sich die Jungs in zehn Jahren auf das Sportliche konzentrieren können“. Auf dem online abgehaltenen Kongress werden die FIFA-Mitgliedsverbände jedenfalls „en bloc“ über die einzigen beiden Bewerbungen für 2030 und 2034 entscheiden. Amnesty International habe den DFB aufgefordert, die saudische Bewerbung abzulehnen, wie Expertin Katja Müller-Fahlbusch betonte, da ansonsten das Gefühl bleibe, „dass trotz aller schönen Worte und Erklärungen die Menschenrechte, wenn es hart auf hart kommt, anderen Interessen untergeordnet werden“.
Sollte der DFB Saudi-Arabien die Zustimmung verweigern, würde er damit auch automatisch der Bewerbung seiner UEFA-Partner Spanien und Portugal mit Marokko, Uruguay, Argentinien und Paraguay für die WM vier Jahre zuvor eine Absage erteilen. Auf dieses Verfahren hatte sich das FIFA-Council um DFB-Boss Bernd Neuendorf im Oktober einstimmig verständigt.
SID