Elfer? Ja? Nein! Oder doch? Lautstarke Proteste, der Schiedsrichter greift sich ans Ohr – und schon steht er am Video-Bildschirm. Es sind Szenen, die sich im Spiel der deutschen Nationalmannschaft am Dienstag gegen Ungarn ereignet haben. In der Nachspielzeit wird Robin Koch beim Nations-League-Spiel in Budapest aus kürzester Distanz regelrecht an der Hand abgeschossen. Es gibt Elfmeter und Ungarn gleicht zum 1:1 aus. Für Julian Nagelsmann ist die Sache klar. Kein Elfmeter! Doch die Hauptschuld sieht der 37-Jährige nicht beim Schiri selbst, sondern beim Videoassistenten (VAR). Dieser hatte Schiedsrichter Strukan erst auf seinen „Fehler“ aufmerksam gemacht.
Der Videobeweis wird als Sündenbock deklariert. Seit Einführung des Videoassistenten im Profifußball kommt es fast wöchentlich zu Diskussionen. Laut Regelwerk soll er nur eingreifen, wenn der Schiedsrichter auf Spielfeld eine klare Fehlentscheidung getroffen hat. Koch wird am Arm getroffen, ja, doch Absicht ist ihm nicht zu unterstellen. Die Entscheidung des VAR einzugreifen bleibt hierbei und eigentlich immer subjektiver Natur. Wenn es weder in der Bundesliga, Champions League noch auf internationaler Ebene gelingt, diese Regel sinnvoll und nachvollziehbar umzusetzen, sollte man sich fragen, ob nicht etwas geändert werden muss. Andernfalls wird das Wirrwarr ewig weitergehen. Denn aktuell geht bei der VAR-Anwendung die Objektivität verloren, die bei anderen Regelfragen (Abseits, Ball hinter der Linie) gegeben ist. Leid können einem die Schiedsrichter selbst tun, die Macht verlieren und eigene Entscheidungen immer angezweifelt werden.
„Challenge“ statt „VAR“ wäre eine Option
Früher war da kein Videobeweis. Da hat das unmittelbar gezählt, was der Schiri gepfiffen hat. Aber ist es die Lösung, dahin zurückzukehren? Damals war auch nicht alles Gold was glänzt, auch wenn es heute so scheint. Aber warum nicht eine Handhabung aus den USA adaptieren? In der amerikanischen Football-Liga NFL wird die Macht, eine Entscheidung anzuzweifeln, den Trainern gegeben und nicht dem VAR. Setzt er eine „Challenge“, sehen sich die Schiedsrichter die Situation auf den Bildschirmen an und können sich umentscheiden. Dabei ist pro Halbzeit jeweils eine „Challenge“ verfügbar. Dem DFB hätte das im gestrigen Fall auch nichts geholfen, aber zumindest würde es so keine Diskussion um eine klare Fehlentscheidung (oder eben nicht) geben.