Die DFB-Welt ist wieder heile

von Redaktion

Analyse zum Abschluss des Länderspieljahres 2024

Das Wir-Gefühl wird großgeschrieben. © IMAGO

Hat gut lachen: Bundestrainer Julian Nagelsmann. © IMAGO

Budapest – Der Ort des Grauens lag keine 250 Kilometer von der Puskas Arena in Budapest entfernt, wo die deutsche Nationalmannschaft mit einem 1:1 gegen Ungarn ein beeindruckendes Länderspieljahr 2024 beendete: Am heutigen Donnerstag ist es genau ein Jahr her, dass das DFB-Team im Wiener Ernst Happel Stadion einen chancenlosen Auftritt gegen Österreich hinlegte, mit 0:2 verlor und Fußball-Deutschland am Boden war. Doch exakt 365 Tage später ist die Welt beim DFB wieder mehr als in Ordnung – vor allem dank Bundestrainer Julian Nagelsmann. Eine Analyse:

Teamgeist

„Das Wir-Gefühl, das ich spüre, hatte ich noch nie. Wir lagen im November am Boden und standen wegen der Heim-EM unter Druck“, sagte Nagelsmann in Budapest. „Wenn wir 2025 genau so angehen, wie wir 2024 bestritten haben, werden wir 2026 deutlich präparierter sein, als wir es 2024 waren. Ich denke, dass da viel entstehen kann.“ Vor allem seit der verkorksten Weltmeisterschaft 2018 stellten viele Charaktere ihre Egos über das Wohl der Mannschaft. Nagelsmann schaute sich das bis zu einem gewissen Punkt an, griff danach aber knallhart durch und verzichtete darauf, vermeintliche Quertreiber weiterhin zu nominieren.

Spielweise

In der Vergangenheit gab es spielerisch zwei Gesichter: Entweder versuchten die Bundestrainer a.D. den Gegnern ihre Spielweise in arroganter Art und Weise aufzudrücken und stellten sich wenig bis gar nicht auf die jeweiligen Gegner ein (Joachim Löw) oder sie ließen sich von vermeintlichen Top-Analysten beeinflussen und passten ihren Fußball in ängstlicher Manier zu sehr an den Kontrahenten an (Hansi Flick). Nagelsmann und sein Trainerteam um Sandro Wagner und Benjamin Glück haben die perfekte Balance zwischen diesen beiden Extremen gefunden. Nagelsmann-Fußball steht für diszipliniertes Spektakel.

Hierarchie

Wer dachte, nach den Karriereenden von Manuel Neuer, Toni Kroos, Ilkay Gündogan und Thomas Müller würde die Hierarchie leiden, hat sich getäuscht. Nagelsmann nahm diesen Einschnitt zum Anlass, um eine neue Führung auf dem Rasen zu installieren: mit Joshua Kimmich als unangefochtenem Kapitän und Antonio Rüdiger und Kai Havertz als seine Stellvertreter. Hinzu kommen Jonathan Tah, Niclas Füllkrug, Pascal Groß und Marc-André ter Stegen als Mitglieder des Mannschaftsrats. Das neue Führungsgebilde funktioniert – auf und neben dem Platz.

Wohlfühlfaktor

In der jüngeren Vergangenheit wirkte die Nationalmannschaft mehr wie eine Pflichtveranstaltung statt einer Wohlfühloase. Unter Nagelsmann ist das anders: Die Spieler reisen gerne zum DFB, selbst wenn sie nicht in der Lage sind zu spielen. Das zeigte unter anderem der Besuch des verletzten Keepers Marc-André ter Stegen vergangene Woche in Frankfurt oder die Tatsache, dass Jonathan Tah trotz Gelbsperre mit nach Budapest reiste. Regelmäßig gibt es gemeinsame Aktivitäten, wie jüngst der Besuch des Europa Parks in Freiburg oder spontane Ausflüge in Baumärkte, um die Hobby-Gärtner-Tätigkeiten in Herzogenaurach aufleben zu lassen.


M. BONKE, P. KESSLER

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