Definitiv einer seiner Stärken: Krawietz beim Volley. © Cippitelli/dpa
Erfolgs-Duo: Kevin Krawietz und Tim Pütz. © Bertorello/AFP
Kevin Krawietz aus Coburg ist Tennis-Weltmeister – im Doppel zusammen mit dem Frankfurter Tim Pütz (37). Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt der 32-Jährige, was ein gutes Duo ausmacht, warum es im Einzel nicht geklappt hat und was am deutschen Davis-Cup-Team so besonders ist.
Herr Krawietz, denken Sie bitte 15 Jahre zurück. Was hat sich der 17-jährige Kevin erträumt?
Bei großen Turnieren auf den großen Plätzen zu spielen. Der Fokus lag noch auf dem Einzel, aber ich bin in der Weltrangliste ungefähr bei Platz 250 hängen geblieben. Es war allerdings relativ früh ersichtlich, dass ich im Doppel einen ganz guten Touch habe.
Wir haben in der ATP-Tour-Statistik nur einen einzigen Einzel-Sieg gefunden. Stimmt das?
Ja (lacht). 2019 in Antalya auf Rasen gegen eine türkische Wildcard. In der zweiten Runde habe ich gegen Carreno Busta verloren, obwohl ich im ersten Satz schon Satzbälle hatte. Den muss ich gewinnen. Ich glaube, der Spanier hatte bis dahin kein einziges Match auf Rasen gewonnen (lacht).
Kann man sagen, dass erfolgreiche Einzelspieler die besseren Tennisspieler sind?
Ich denke schon. Sie servieren besser, sind konstanter von der Grundlinie. Nur beim Netzspiel, da sind wir Doppel-Profis voraus.
Von zehn Spielen gegen Jannik Sinner und Alexander Zverev, die aktuelle Nummer eins und zwei der Welt, wie viel gewinnen Sie mit Tim Pütz?
(Krawietz ruft nach Pütz, der im Hintergrund sitzt. Sie beratschlagen sich.)
Pützi sagt: Gegen Sinner/Sinner gewinnen wir fünf Spiele, gegen Sinner/Zverev acht (lacht). Mit der Einschätzung gehe ich mit. Man muss dazu sagen: wenn zum Beispiel Sinner mehr Doppel trainieren würde, wäre er dort vermutlich genauso erfolgreich.
Muss man sich privat verstehen, um ein gutes Doppel zu sein?
Ich glaube, es funktioniert auch anders. Aber Tim und ich sind beide Typen, die Harmonie abseits des Platzes brauchen. Eine reine Business-Beziehung wäre nichts für mich. Und jetzt, in unserem zweiten Jahr, würde ich behaupten, dass wir zu 99 Prozent wissen, wo der andere den Ball hinspielt.
An der Stelle noch ein bisschen Historie. 18. Oktober 2017 in Ismaning, sagt Ihnen das Datum noch etwas?
(Krawietz zögert)
Wir helfen. Es war ein schwarzer Tag für Sie, denn Sie haben im Einzel gegen Tim Pütz verloren.
(Krawietz ruft wieder nach Pütz)
Er weiß das noch. Pützi meint, er hat in drei Sätzen gewonnen. Ich habe danach auch noch das ein oder andere Mal gegen ihn verloren. Aber er reibt mir das nicht unter die Nase, höchstens, wenn er mal schlecht gelaunt ist (lacht).
Sie haben bis zum gestrigen Halbfinale 13 von 14 Davis-Cup-Doppel zusammen gewonnen. Wie kommt‘s?
Das überrascht uns auch ein wenig. Es waren aber auch ein paar enge Matches dabei, einmal lagen wir im entscheidenden Tiebreak schon klar zurück. Hier und da hatten wir sicher auch etwas Glück. Aber wir spielen auch einfach gerne für Deutschland. Die Mannschaft hat tolle Charaktere. Keiner tanzt aus der Reihe und es gibt nie Stress oder Neid.
Im Viertelfinale mussten Sie gar nicht eingreifen. Entspannter Tag oder trotzdem nervenaufreibend?
Es war eine Katastrophe, das zweite Einzel von Struffi in der Umkleide zu sehen. Es war völlig offen, wie es ausgeht. Wir haben unsere Schuhe aus- und wieder angezogen. Die Anspannung ist hoch, denn wenn es dazu kommt, müssen wir bereit sein.
Das Doppel ist durch nur noch zwei statt vier Einzeln deutlich aufgewertet. Wie gefällt Ihnen das neue Format?
Das Format ist, wie es ist. Grundsätzlich finde ich Heim- und Auswärtsspiele schöner, weil man die Fans dann entweder für oder gegen sich hat. Aber hier in Malaga ist schon was los.
Noch mal zurück zu Ihrem 17-jährigen Ich. Hätte das sich ausgemalt, Weltmeister zu werden?
Auf keinen Fall. Zu Beginn war der Fokus auch nur auf Tims Wade, weil er leicht angeschlagen war. Dann haben wir ein paar gute Matches gespielt und plötzlich standen wir im Finale.
INTERVIEW: MATHIAS MÜLLER