FORMEL 1

Psychokrieg im Spielerparadies

von Redaktion

Hill setzt auf Verstappen – und zieht einen prominenten Vergleich

Noch immer aufmerksamer Beobachter: Damon Hill. © IMAGO

Rote Linien interessieren Verstappen selten – Ex-Champion Damon Hill sieht ihn gegen Norris im Vorteil. © IMAGO

Las Vegas – Showdown im Spielerparadies: Am Sonntag (7 Uhr, RTL und Sky) duellieren sich Max Verstappen und Lando Norris um den WM-Titel. Für den Niederländer wäre es der vierte, und er kann in Las Vegas schon alles klarmachen. Auch wenn es in den ersten beiden Trainings am Freitag rein gar nicht danach aussah: Lewis Hamilton im Mercedes auf Platz eins, direkt dahinter Norris in seinem McLaren – und Verstappen kopfschüttelnd, schimpfend und nach Grip suchend auf Platz 17.

Trotzdem sehen die Experten den Niederländer fast schon durch im WM-Rennen, 62 Punkte hat er Vorsprung. Um im Rennen zu bleiben, muss Norris mindestens drei Punkte mehr holen als Verstappen. Ob in Vegas oder danach, Ex-Champion Damon Hill sieht Verstappen ganz oben – und zwar mit Recht! Verstappens Teamchef Christian Horner erzählte, er habe nach dem GP von Brasilien einen Anruf von Bernie Ecclestone bekommen. Ecclestone, mittlerweile 94 Jahre alt, und jahrzehntelanger Geschäftsführer der Formel 1, sagte nach Angaben von Horner: „Ich habe alle Großen gesehen, aber das ist einer der Besten, die ich je gesehen habe.“ Verstappen hatte zuvor unter schwierigsten Bedingungen von Startplatz 17 aus das Rennen in São Paulo gewonnen.

Und Hill? Michael Schumachers früherer Rivale sieht „auf jeden Fall“ Parallelen zwischen dem deutschen Rekordweltmeister und Verstappen. „Sie sind sich sehr ähnlich. Beide gehen die Dinge auf eine ähnliche Art und Weise an“, sagte der Brite der „Welt“: „Und beide sind Meister darin, ihre Gegner einzuschüchtern. Auf und neben der Strecke.“

Schumacher, mit dem sich Hill in den 90ern an der Spitze der Königsklasse duelliert hatte, „hat mich damals teilweise nutzlos und untalentiert fühlen lassen“, berichtete Hill, Weltmeister von 1996: „Er war ein Meister der psychologischen Spielchen. Er war dauerhaft in meinem Kopf. Das war brutal.“ Prinzipiell hätten sich die beiden Ausnahmefahrer gut verstanden, „aber auf der Strecke haben wir uns gehasst. Da war kein Platz für Nettigkeiten. Man muss jede Schwäche des Gegners ausnutzen und ihn damit zermürben.“

Und genau so agiere auch Verstappen, ihn umgebe eine ähnliche Aura wie einst Schumi. Der Niederländer sei „fahrerisch brillant, aber gleichzeitig ein sehr guter Stratege“, dazu käme das Team Red Bull, dessen Führung „für den Erfolg alles“ gebe: „Sie wissen genau, welche Knöpfe sie drücken müssen.“ So sei es auch in dieser Saison gewesen, als RB-Motorsportberater Helmut Marko öffentlich gesagt hatte, dass er froh sei, dass Norris und nicht Rekordweltmeister Lewis Hamilton im McLaren sitze. „Helmut würde Lewis niemals öffentlich so ein Kompliment aussprechen, wenn er sich nicht selbst einen Vorteil davon verspräche.“

Der Nutzen: Norris zu provozieren. Norris habe inzwischen das bessere Auto, sagt Hill. „Lando muss nach der Saison hart mit sich ins Gericht gehen“, fordert der 64-Jährige: „Er ist in einigen Situationen zu naiv und hat seine Schwächen offengelegt. Das muss er für die Zukunft lernen. Ansonsten wird er nie Weltmeister.“ Es gebe in der Formel 1 „keinen Platz für Selbstzweifel“. Der Glaube an die eigene Stärke „unterscheidet die ganz Großen vom Rest“. Und Verstappen von Norris.

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