Es knirscht in Paris

von Redaktion

Keine Stars, keine Tore: PSG läuft seinem Selbstverständnis hinterher – vor allem international

Ousmane Dembélé ist mit 16 erfolglosen Versuchen der Spieler im Wettbewerb mit den meisten erfolglosen Torschüssen.

Der Champions-League-Titel? Den hat Club-Boss Khelaifi (li.) für diese Saison schon abgeschrieben. © IMAGO/Lionel

Im Angriff klappt wenig bis nichts bei Paris: In den vergangenen sechs Spielen erzielte PSG nur drei Treffer. © IMAGO/Firas (2)

Paris – Die Zukunft ist mal wieder rosig bei Paris Saint-Germain. Letzte Woche weihte der Hauptstadtklub offiziell seinen Campus in Poissy westlich des Zentrums ein. Nach einem Wintereinbruch verhüllte eine dichte Schneedecke das Areal von knapp 60 Hektar mit 16 Fußballplätzen. Doch der höchste Standard der neuen Steine ließ sich auch so erahnen. Dafür bürgen nicht zuletzt rund 300 Millionen Euro Investition.

Die Gegenwart allerdings ist kompliziert – auch nichts Neues, jedenfalls beim Thema Champions League. Auf einen Titel in ihr warten die katarischen Eigentümer nach wie vor, erst eine Finalteilnahme 2020 (0:1 gegen Bayern) steht zu Buche. Nun muss PSG, selbst in der auf 36 Teams und 24 K.o.-Runden-Teilnehmer aufgeblähten Königsklasse ernsthaft um das Weiterkommen zittern. Nach nur einem Punkt aus den beiden Heimspielen gegen PSV Eindhoven und Atlético Madrid rangiert man mit vier Zählern auf Rang 25 und damit außerhalb des grünen Bereichs. Die Ansetzung beim FC Bayern ist vor diesem Hintergrund nichts, was zur Beruhigung der Nerven beitragen würde. Das weitere Programm ebenso wenig: es folgen noch zwei Auswärtsspiele, in Salzburg und Stuttgart, sowie nur ein Heimspiel gegen Manchester City.

„Zweifelsohne“ sei die Qualifikation für die nächste Runde „in Gefahr“, räumte Trainer Luis Enrique nach dem 1:2 gegen Atlético ein. Die Tabellenführung in der Ligue 1 – derzeit mit sechs Punkten vor AS Monaco – kann die europäische Obsession wie immer nicht aufwiegen. „Das frisst einen auf“, sagt Luis Enrique über den ewigen Druck der Champions-League-Sehnsucht.

2011 übernahmen die Kataris den Klub, seither hat man es mit allerlei Weltstars versucht, teilweise kickten Kylian Mbappé, Neymar und Lionel Messi gleichzeitig in der Stadt. Nun demissionierte im Sommer mit Mbappé der letzte Galáctico, und der PSG will alles anders machen. Weniger einkaufen und mehr entwickeln, daher der spektakuläre Campus. Talente aus der Region sollen das Team tragen und nicht mehr allenfalls als Handelsmasse zur Gegenfinanzierung teurer Importe dienen, wie noch bei Kingsley Coman (heute FC Bayern), Christopher Nkunku oder Moussa Diaby.

Mit Luis Enrique hat der Verein seit 2023 an sich auch den richtigen Trainer für diese Strategie. Den Fans versprach er nach seiner Debütsaison gewohnt vollmundig, der PSG werde ohne Mbappé „noch stärker“ sein. Nun ja. Spielerisch mag das zutreffen, zumal Enrique statt Mbappé bevorzugt mit einer falschen Neun – Marco Asensio – operiert. Doch vor dem Tor sieht es ganz anders aus. Beim einzigen Sieg gegen Girona (1:0) musste ein gegnerischer Torwartfehler in der Schlussminute herhalten, gegen Atlético verlor man trotz eines Chancenverhältnisses von 22:4. Saisonübergreifend hat der PSG in den letzten sechs Europacupspielen nur drei Tore erzielt, und sein Sturm kein einziges.

Klubchef Khelaifi versuchte zuletzt, ein bisschen Druck rauszunehmen. „Der Champions-League-Sieg ist diese Saison nicht das Ziel“, erklärte er am Rande der Campus-Eröffnung: „Wir müssen realistisch sein“. Neue Steine beim PSG. Und neue Töne.
FLORIAN HAUPT

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