ZUM TAGE

Houston, wir haben ein Doping-Problem!

von Redaktion

Iga Swiatek und Jannik Sinner

Wenn die Nummer eins der Herren (Jannik Sinner) und die derzeit beste Frau (Iga Swiatek) innerhalb nur weniger Monate positiv auf leistungssteigernde Mittel (Clostebol bzw. Trimetazidin) getestet werden, hat der Tennissport definitiv ein Dopingproblem. Ob beide wissentlich betrogen haben und über das geringe Strafmaß, darüber streitet die Szene. Die International Tennis Integrity Agency (Itia) jedenfalls glaubte ihren Unschuldserklärungen.

Sinner führte seinen Test auf ein clostebolhaltiges Spray seines Physiotherapeuten mit dem Arzneimittel Trofodermin zurück, das dieser nutzte, um eine Schnittwunde an der Hand zu behandeln. Laut einer italienischen Studie aus dem Jahr 2020 können die anabolen Steroiden, die zudem die Regeneration fördern, tatsächlich über Hautkontakt übertragen werden. Interessant: Auch die norwegische Langlauf-Olympiasiegerin Therese Johaug, die am Freitag ihr Comeback nach Geburt ihrer Tochter gab, wurde 2016 positiv auf Clostebol getestet. Sie schob den Fall auf eine Lippen-Sonnenbrand-Creme (Trofodermin), die ihr Teamarzt verschrieben hatte. Johaug wurde 18 Monate gesperrt, Sinner gar nicht. Die Ungleichbehandlung ist auch in Swiateks Fall der größte Kritikpunkt. Während andere (Tennis-)Athleten längere Sperren aussitzen mussten, kam die Polin mit einem Monat glimpflich davon. Die russische Eiskunstläuferin Kamila Walijewa beispielsweise wurde nach Trimetazidin-Befund für vier Jahre gesperrt. Die Itia begründet die milde Strafe damit, dass Swiatek nur eine sehr geringe Schuld angelastet werden kann. Im Gegensatz zu Johaugs Creme, die ein Dopingwarnzeichen enthielt, dürfte ihr Schlafmittel Melatonin eigentlich kein Trimetazidin enthalten und in ihrem Fall kontaminiert gewesen sein. In der Tat nehmen viele Tennisspielerinnen Melatonin, um zur Ruhe zu finden, während sie zwischen den Zeitzonen von Turnier zu Turnier über den Globus hetzen. Positiv getestet wurde deshalb aber noch keine.

Swiateks Tablette kann trotzdem „verseucht“ gewesen sein, es ist aber theoretisch auch mit einfachsten Mitteln möglich, zur Entlastung ein solches (präpariertes) Beweisstück zu liefern. Um das noch genauer nachzuprüfen, könnte man beispielsweise die Herstellerfirma aufsuchen und Rückstellmuster untersuchen. Davon ist aber nicht auszugehen, da der Fall – ähnlich wie bei Sinner – in nur wenigen Wochen „geklärt“ worden war.

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