TENNIS

In der Medikamenten-Falle?

von Redaktion

Umgang mit dem Dopingfall Swiatek löst Kritik aus

Positiv getestet: Iga Swiatek. © Murat/dpa

München – Nach Jannik Sinner nun Iga Swiatek: Der Tennissport hat seinen nächsten aufsehenerregenden Dopingfall. Swiatek, die fünfmalige Grand-Slam-Siegerin aus Polen und Nummer zwei der Welt, ist nach einem positiven Test auf die verbotene Substanz Trimetazidin für einen Monat gesperrt worden. Die Diskussion über milde Strafen ist dadurch erneut entbrannt.

„Die Ausrede, die wir alle benutzen können, ist, dass wir es nicht wussten. Einfach nicht wussten“, schrieb der australische Tennisspieler Nick Kyrgios auf der Plattform X. Auch die zweimalige Grand-Slam-Siegerin Simona Halep, die von der International Tennis Integrity Agency (Itia) wegen einer positiven Dopingprobe und Unregelmäßigkeiten im Athletenpass zunächst für vier Jahre gesperrt worden war, reagierte mit Unverständnis. „Warum gibt es so einen großen Unterschied in Behandlung und Urteil?“, schrieb die Rumänin. Sie vermutet eine „böse Absicht“ bei der Itia. Haleps Sperre war vom internationalen Sportgerichtshof Cas auf neun Monate reduziert worden.

Laut Itia wurde Swiatek am 12. August positiv getestet. Die 23-Jährige hat nach eigener Aussage ein nicht verschreibungspflichtiges Medikament (Melatonin) gegen die Folgen von Jetlag eingenommen. Die Verunreinigung dieses Medikaments habe zum positiven Testergebnis geführt. „Das war die härteste Zeit in meiner bisherigen Karriere“, teilte Swiatek mit: „Es war überaus bedauerlich, da ich nichts falsch gemacht habe.“ Die Ermittler stuften die Aussagen der Polin als glaubwürdig ein und werteten es als nicht schwerwiegenden Fall.

„Es ist inakzeptabel, wie das Verfahren abgelaufen ist“, sagt Dopingjäger Fritz Sörgel unserer Zeitung. Was ihm besonders missfällt: dass die Beschuldigte ihre Unschuld selbst nachweisen konnte. „Da schmeiße ich mich auf den Boden. Das geht nicht“, so der Pharmakologe. Er hält die ständigen Medizin-Ausreden vieler Athleten für „konstruiert“ und „nicht überzeugend“.

Die Itia sah das anders. Und genau wie beim Weltranglistenersten Sinner, der im März zweimal positiv auf das anabole Steroid Clostebol getestet, aber freigesprochen worden war, wurde die Öffentlichkeit zuerst nicht sofort informiert. Sinner konnte laut Itia kein vorsätzliches Verschulden nachgewiesen werden. Erst jetzt nach Abschluss der Ermittlungen machte die Untersuchungskommission die Vorfälle von Sinner und Swiatek publik. Die Vorgehensweise zeichne „ein schreckliches Bild für den Sport“, kommentierte der portugiesische Tennis-Journalist José Morgado auf X.

Die Itia rechtfertigte das Vorgehen. Da Sinner und Swiatek innerhalb von zehn Tagen erfolgreich Berufung gegen die vorläufige Sperre eingelegt hätten, seien die Suspendierungen gemäß den Anti-Doping-Regeln im Tennis nicht veröffentlicht worden. Die WADA kündigte an, auch die Entscheidung über Swiatek „sorgfältig zu prüfen“.
MM, DPA

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