Knecht Rupert: Der Drittliga-Debütant aus Iserlohn griff hart durch. © IMAGO
Aufgekratzter Jacobsen-Vertreter: Marlon Frey, Schütze des 1:0 für 1860. © Sampics
Diesmal kein „Killer“: Marco Hiller beim spielentscheidenden Strafstoß, den Sigurd Haugen sicher verwandelte. © Sampics
Das Maskottchen fühlt mit: Der kreuzunglückliche Elfmeter-Unglücksrabe Raphael Schifferl mit dem „Sechzgerl“. © Sampics / Stefan Matzke
München – Noch ehe die wöchentliche Elfmeter-Debatte hochkochte, stellte sich der „Sünder“ vor die Kameras und räumte ein, bei der spielentscheidenden Szene tatsächlich die Hand im Spiel gehabt zu haben. „Mir tut das leid für die Mannschaft“, sagte Raphael Schifferl im Field-Interview bei MagentaSport: „Ich mache alles, damit der Ball die Hand nicht berührt.“ Vergebens, wie die TV-Bilder belegen. „Mich ärgert das brutal, weil es unsere ganze Arbeit kaputt macht“, so der frustrierte Vertreter des verletzten Jesper Verlaat: „Ich habe den Schiedsrichter gefragt, wohin ich die Hände tun soll.“ Rostocks Kinsombi habe ihn aus „aus einem Meter“ Entfernung angeschossen…
Damit war zumindest geklärt, dass eine Berührung vorlag – dass es also kein von Student Yannick Rupert (25) „erfundener“ Elfmeter war, der den Löwen mit dem 1:2 gegen Rostock die bereits fünfte Heimniederlage eingebrockt hat. Entsprechende Verschwörungstheorien machten bereits die Runde, und sie kommen auch nicht von ungefähr, wenn man sich das Ungleichgewicht anschaut, das den Löwen am Kreidepunkt zu schaffen macht. Der Handelfmeter, den Sigurd Haugen sicher verwandelte (81.), war bereits der sechste Strafstoß, der in dieser Saison gegen 1860 verhängt wurde. Meist waren es fragwürdige, spielentscheidende Szenen. Einen Elfmeter bekommen haben die Löwen in diesem Kalenderjahr (!) noch nicht, was selbst den Trainer zum Zyniker werden ließ. Argirios Giannikis, der Schiedsrichter-Entscheidungen sonst stoisch hinnimmt, verdrehte auf Nachfrage die Augen. „Soll er sich die Hand abhacken?“, fragte er: „Das war ein echter Nackenschlag. Da ist es schwierig, wieder ins Spiel zu kommen.”
Doch Schiedsrichter hin, Elfmeter her. Aufzulösen wäre vor allem das Rätsel, wie es passieren konnte, dass die Löwen erneut mit Kurzarbeit zum Erfolg kommen wollten. Nach schwungvollem Start mit dem beherzten Führungstreffer von Jacobsen-Ersatz Marlon Frey (volley nach Deniz-Ecke/7.) hatte 1860 das Spiel vor der Pause so im Griff, dass Rostock – anders als seine singgewaltigen Fans – wie eine harmlose Ostsee-Brise wirkte, die sich ins sonnige Giesing verirrt hatte.
Nach der Pause jedoch: Verkehrte Welt. Plötzlich war 1860 so teilnahmslos wie Hansa zuvor. Die Gäste stellten um, und die Löwen, inklusive Trainer, schienen sich zu ergeben. Rossipal traf nach Reich-Patzer per Traumtor zum 1:1 (52.). Giannikis reagierte mit wilden Wechseln, doch der Faden war nun gerissen und das 1:2 am Ende ein bitteres, aber gerechtes Ergebnis. Morris Schröter, der Verlaat gegen seinen Ex-Club als Kapitän vertreten hatte, bemängelte nicht nur die Passivität bei den „billigen Gegentoren“, sondern die fehlende Gier insgesamt: „Ich glaube, man kann auch das 2:0 schießen und dann sieht es vielleicht ein Stück weit anders aus.“
So aber sind die Löwen ein Stück weit zurück in der Krise. Der Trend ist seit dem Totopokal-Aus negativ, der Heimkomplex zurück und womöglich bald auch die Trainerdebatte. Schiedsrichter-Buhmann Rupert hatte übrigens keinen Zweifel, mit seiner Elfmeter-Entscheidung gegen 1860 falsch gelegen zu haben. „Ich hatte einen klaren Blick auf die Situation“, sagte der Drittliga-Debütant bei MagentaSport: „Der Rostocker Spieler will den Ball in die Mitte schlagen. Der Spieler von 1860 dreht sich in den Schuss rein, nimmt die Hand raus, die vorher nicht da gewesen ist, und blockt damit den erwartbaren Ball, den er zu jeder Zeit gesehen hat. Das ist dann ein strafbares Handspiel.“
Dass Giannikis erwähnte, selbst „Welt- und Europameisterschaften“ seien durch die umstrittene Handregelung entschieden worden, macht die Sache für 1860 nicht besser. Am Sonntag in Essen geht es jetzt fast schon um den Weihnachtsfrieden.
ULI KELLNER