Etwas über 300 Millionen investiert die Politik derzeit in den deutschen Sport. So weit, so gut. Darüber aber, wie die Gelder auf die Sportarten zu verteilen sind, streiten seit Jahren die Beteiligten. Dabei wurde 2016 extra das sogenannte Potenzialanalysesystem, kurz PotAS, eingeführt, um eine möglichst objektive Bewertung zu gewährleisten. Wie sich herausstellte, lassen sich Erfolgsaussichten und Medaillenchancen aber nicht über eine (komplizierte) Formel mit etlichen Attributen berechnen. Gern genommenes Beispiel hierfür sind die Basketball-Herren, die 2023 Weltmeister wurden, obwohl ihre Sportart bei der PotAS-Analyse 2021 auf dem letzten Platz (!) gelandet war.
Auch wenn der Triumph von Manila für alle überraschend kam – das zeigt doch eindeutig, dass PotAS ein Krampf ist, oder? Nicht ganz und letztlich aber doch. Zersetzt man die damalige Einschätzung etwas genauer, findet man einen interessanten Wert mit Blick auf die DBB-Männer, denn das System bescheinigte ihnen maximale Erfolgschancen. Mit anderen Worte: 100 Prozent Potenzial. Weil aber die Frauen und die beiden 3×3 Teams derart schlecht bewertet wurden, landete Basketball insgesamt ganz hinten. Blöd nur, dass die 3×3 Frauen mit ihrem Gold-Coup in Paris eins der olympischen Sommermärchen schrieben. Auch die Frauen-Nationalmannschaft qualifizierte sich erstmals überhaupt und scheiterte erst im Viertelfinale am späteren Finalisten Frankreich.
Der Grundsatzgedanke einer möglichsten sinnvollen Förderverteilung ist richtig, in der Umsetzung gibt es vor allem ein großes Problem: die überbordende deutsche Bürokratie. Handball-Präsident Andreas Michelmann posaunte einmal heraus, dass er den Quatsch nicht besonders ernst nehmen würde. Außerdem täten ihm die Menschen leid, die sich intensiv mit „den 122 Attributen“ beschäftigen und „die vielen Formulare ausfüllen müssen“.
Immerhin: man gelobte Besserung. Aber: die Mühlen mahlen langsam. Ein erster Entwurf für ein neues Sportfördergesetz, an dem das dem Sportalltag ferne Bundesinnenministerium zwei Jahre (!) tüftelte, wurde im März von Athleten, Trainern und Funktionären zerpflückt. Am 5. November bekam eine überarbeitete Version dann endlich grünes Licht. Einen Tag später zerbrach die Ampel-Koalition und für die Athleten (vorerst) alle Hoffnungen.