Vincent Kompany, Münchens Trainer. © Thissen/dpa
Drei Optionen als Kane-Ersatz: Musiala, Olise und Sane bei der internen Weihnachtsfeier am Sonntag. © Instagram
München – Dass Vincent Kompany gerne einen anderen Blick auf die Dinge hat, konnte man in seiner vergleichsweise kurzen Amtszeit als Trainer des FC Bayern schon mehrfach beobachten. Zum Aufwärmen lässt der 38-Jährige laute Beats abspielen, in der Länderspielpause gönnte er den Daheimgebliebenen eine Woche Sonderurlaub – und zwischen dem Liga-Kracher in Dortmund (1:1) und dem Pokal-Achtelfinale gegen Bayer Leverkusen am Dienstag (20.45 Uhr) ließ er nun kurzerhand eine interne Weihnachtsfeier veranstalten. Der simple Grund für das große Zusammenkommen am Sonntagnachmittag im Restaurant „teatro“: „Wir sind wie eine Familie, das wollen wir auch leben.“ Das klang wie ein Adventsschwur unter dem Motto: Wer neben dem Platz als Gemeinschaft funktioniert, tut es auch im Ernstfall.
Ein paar Stunden Abschalten waren erlaubt, danach wurde „bis spät“ gearbeitet, verriet der Coach am Montag, „und auch früh wieder gearbeitet“. Denn bei all der Besinnlichkeit, dem leckeren Essen und sehenswerten Darbietungen hatten freilich weder die Verantwortungsträger noch die Protagonisten vergessen, dass an diesem Dienstag eine Partie ansteht, die dem bisher doch zufriedenstellenden Saisonverlauf eine entscheidende Wendung geben könnte. Auch Kompany ist nicht entgangen, dass in den vergangenen fünf Spielzeiten im DFB-Pokal viel zu früh Schluss war, das Aus im Viertelfinale 2022/23 war noch das beste Ergebnis seit dem letzten Pokalsieg im Jahr 2020. Angst vor dem frühen Scheitern hat der junge Trainer dennoch nicht. „Wir brauchen diesen Druck, um auf unserem besten Level zu sein. Ich mag das, wenn die Spiele auch groß gemacht werden“, sagte er – und fügte an: „Ich gehe ein bisschen anders um mit Druck.“
Bisher hat ihn – zumindest seit dem schmerzhaften 1:4 in der Champions League beim FC Barcelona – nicht viel aus der Bahn geworfen. Und so steckt er auch den Kopf nach dem bitteren Ausfall von Harry Kane nicht in den Rasen. Natürlich könne man den Mann, der heuer bereits 20 Mal für den Rekordmeister getroffen hat, „nicht 1:1 ersetzen“, aber Kompany wies gerne auf die „vielen Optionen“ hin, die seine Offensive bietet. Ob Serge Gnabry nach Kniebeschwerden wieder mitwirken kann, wird sich kurzfristig entscheiden, aber auch Thomas Müller, Mathys Tel, Michael Olise und Leroy Sané zählte Kompany auf. Bewusst wollte er sich nicht in die Karten schauen lassen, man hörte aber raus, dass es eine klassische Neun eher nicht geben wird. Es „anders zu lösen“, sei die Aufgabe, sagte er – und ließ die Abschlussschwäche aus den letzten beiden Partien lieber unerwähnt: „Es wird nicht an Talent fehlen.“
Das allerdings gilt auch für die Gegenseite, wo Patrik Schick derzeit nach Belieben trifft – und in Xabi Alonso ein guter alter Bekannter von Kompany an der Seitenlinie steht. „Er wird seine Erfahrung auf seine Spieler übertragen“, sagte der Belgier, der selbst als Verteidiger vor den Pässen aus Alonsos Zauberfüßen zitterte. Eine ähnliche defensive Taktik wie beim 1:1 im Liga-Hinspiel dürfte in einem Alles-oder-nichts-Spiel nicht zielführend sein, Kompany stellt sich auf einen „variablen“ Gegner ein: „Sie können tief verteidigen und hoch pressen.“ So oder so aber befinden sich seine Bayern nach acht Spielen ohne Pleite an einem Punkt, an dem der Blick auf den eigenen Stärken bleibt. „Ich hoffe, unsere Leistung wird zu der Größe des Spiels passen“, sagte Kompany. Anders formuliert: Vorbei mit der Besinnlichkeit!
HANNA RAIF, PHILIPP KESSLER