Der eingewechselte Tella köpfte Leverkusen zum Sieg im Pokal-Achtelfinale. © IMAGO/Weber
Bleibt optimistisch: Münchens Trainer Vincent Kompany. © IMAGO/Feil
Bayern-Sportvorstand Max Eberl gefielen kritische Nachfragen nicht. © X
Joshua Kimmich (M.) und die Bayern waren enttäuscht, blicken aber positiv nach vorne. © dpa
München – Dass Max Eberl in der Stunde schmerzhafter Niederlagen gerne zum Gegenangriff ansetzt, hat man schon im Spätherbst von Barcelona sehen können. Die dem 1:4 gefolgte „Trainerschein“-Debatte mit einem TV-Journalisten hat inzwischen Kult-Status, am Dienstag aber war die Wortwahl des Sportvorstand weniger amüsant. Denn nach dem bitteren und auch unverdienten 0:1 (0:0) des FC Bayern im Pokal-Achtelfinale gegen Bayer Leverkusen posaunte Eberl denjenigen, die dem Rekordmeister die Fähigkeit absprachen, große Spiele zu gewinnen, entgegen: „Das ist mir relativ sch…egal.“ Ja, der Frust saß tief nach diesem fünften frühen Pokal-Aus hintereinander. Und Eberl ging mit der Tatsache, dass das Finale in Berlin mal wieder ohne den Rekord-Champion stattfinden wird, eben auf die Eberl-Art um.
Man kann sie ehrlich nennen oder dünnhäutig, authentisch oder unsouverän – aber das war für die Analyse dieses hitzigen wie emotionalen Abends zweitrangig. Denn auch wenn man die Enttäuschung in allen Gesichtern sah, die sich in die Münchner Nacht verabschiedeten, redeten alle anderen lieber über die „Energie“ (Vincent Kompany), die zehn tapfer kämpfende Bayern nach dem frühen Platzverweis von Manuel Neuer (17.) versprüht hatten. Nicht nur der Rot-Sünder selbst war „beeindruckt“, Präsident Herbert Hainer machte dem Team „absolut keinen Vorwurf“. Diese 90 Minuten, in denen auch die Fans in der Allianz Arena performt haben wie lange nicht, haben das unter Kompany gewachsene Wir-Gefühl noch einmal verstärkt. Der Trainer sagte daher ruhig und besonnen: „Wenn das Gefühl bleibt, werden wir noch viele Spiele gewinnen.“
Solche Sätze sind schnell ausgesprochen, anders als unter seinen Vorgängern aber wirken sie bei Kompany nicht floskelhaft. Die Stimmung in den VIP-Räumen war bedrückt, ähnlich wie beim Aus gegen Real Madrid im Champions-League-Halbfinale der Vorsaison. In den Katakomben aber schalteten die Protagonisten schnell in den Jetzt-Erst-Recht-Modus. Nicht nur Eberl hatte auf den Rängen stets das Gefühl gehabt, dass die Hausherren den Sieg „mehr wollen“ als der Double-Sieger, der mit der „einzigen Offensivaktion“ zum Siegtor durch Nathan Tella kam (69.). Den gezeigten Mut, Willen und Kampfgeist nannte der 51-Jährige „Charakter. Ich habe großen Respekt vor dieser Mannschaft.“ Was nichts daran ändert, dass einer schlaflosen Nacht Aufbauarbeit folgen muss, ehe am Samstag (15.30 Uhr) Heidenheim gastiert.
Während Xabi Alonso seine alte Wirkungsstätte nach dem nächsten Coup „sehr happy“ verließ, saßen die Bayern laut Eberl „bedröppelt“ in der Kabine. Thomas Müller nannte es „angefressen“, auch Joshua Kimmich gab zu: „Es tut schon weh – unabhängig von der Art und Weise.“ Die Bayern sind es inzwischen gewohnt, den Sehnsuchtsort Berlin schon vor Weihnachten aus den Köpfen bekommen zu müssen, trotzdem wollte niemand das Aus im vorgezogenen Finale auf eine Stufe mit den Peinlich-Auftritten in Gladbach, Saarbrücken oder Kiel stellen. „Wir werden uns noch steigern“, kündigte Sportdirektor Christoph Freund an. Vor allem in den „großen“ Spielen wird das vonnöten sein, denn „rein von den Ergebnissen“, stellte Kimmich treffend fest, „ist das bisher ernüchternd“.
Trotzdem die Ruhe zu bewahren, ist die Kunst, die man Kompany zutraut. „Vincent schaut nach vorne“, sagte Hainer schon kurz nach Abpfiff – und der Trainer selbst schloss ins Wir-Gefühl gleich das ganze Stadion ein: „Es wird niemand heimgehen und sagen, er hat keinen Moment der Gemeinsamkeit erlebt. Wir können darauf aufbauen!“ Irgendwie die bessere Wortwahl.
HANNA RAIF, PHILIPP KESSLER