Ein Verstappen vergisst nicht

von Redaktion

Max Verstappen, alter und neuer Weltmeister. © Cacace/AFP

Abu Dhabi – Es gab sie schon immer in der Königsklasse des Motorsports: Die Duelle von Fahrern, die sich nicht leiden konnten. Lewis Hamilton und Nico Rosberg waren sich nicht grün und sorgten zeitweilig bei Mercedes zu einem „Krieg der Sterne“, Nelson Piquet und Nigel Mansell waren bei Williams auch keine besten Freunde und Michael Schumacher machte in der Öffentlichkeit jedem klar, was er von seinem Titelkonkurrent Damon Hill hielt: nichts.

Allein: Von Hass konnte bei keinem Kampf dieser Rivalen die Rede sein. Wirkliche Hassduelle gab es in der Geschichte der Königsklasse indes nur zwei! Das erste: 1982 fühlte sich Ferrari-Ikone Gilles Villeneuve von seinem französischen Teamkollegen Didier Pironi beim GP in San Marino verraten und betrogen: Pironi hätte sich nicht an eine klare Absprache gehalten und ihm so den Sieg gestohlen. Der Hass endete in einer Katastrophe. Zwei Wochen später verunglückte der Kanadier tödlich. Er riskierte im Qualifying bei einem Überholmanöver gegen den langsam fahrenden Jochen Mass zu viel, sein Ferrari überschlug sich mehrmals, Villeneuve wurde samt Sitz herausgeschleudert. Für alle Experten gab es nur einen Grund des Unfalls: Villeneuve wollte unbedingt schneller fahren als sein Erzfeind Pironi.

Wie ist aber die momentane Fehde zwischen Max Verstappen und George Russell einzuordnen? Besonders von Verstappens Seite erinnert das öffentliche Wortgefecht an das zweite legendäre Hassduell zwischen Ayrton Senna und Alain Prost, als sie 1989 Teamkollegen bei McLaren waren. Prost warf Senna öffentlich vor, sein Leben und das anderer im Duell auf der Strecke zu riskieren. Ähnliches ist die Situation zwischen Russell und Verstappen.

Am Donnerstag beim traditionellen Abschlussessen der Piloten gab es schonmal eine wegweisende Begegnung. Ein Schelm hatte die Sitzordnung so gelegt, dass die beiden Kontrahenten nebeneinander sitzen sollten. Doch dazu kam es nicht: Russell weigerte sich und flüchtete lieber zur anderen Seite des Tischs. Der Niederländer hätte den spontanen Platzwechsel, so Zeugen des „Dinners for Two“, mit einem lässigen Grinsen wahrgenommen. Für viele steht diese eher harmlose Szene stellvertretend für die Machtverhältnisse. Dazu passt: Vertraute des Holländers sind sich sicher: „Ein Verstappen beruhigt sich zwar wieder, aber er vergisst nicht.“
RALF BACH

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