ZUM TAGE

Zwischen Krieg und Königklasse

von Redaktion

Donezks „Heimspiele“

Es ist alles nicht so einfach bei Schachtar Donezk, auch wenn der heimatlose Spitzenklub der Ukraine seit vielen Jahren Unbill gewohnt ist. „Allein um in Deutschland anzukommen, brauchen wir locker eineinhalb Tage“, hat Geschäftsführer Serhij Palkin gesagt. Um von Kiew aus zum Flughafen in Polen zu gelangen, war die Mannschaft bereits zwölf Stunden unterwegs. Erst dann ging es im Flieger nach Düsseldorf, weil Champions-League-Heimspiele in dieser Saison in der Arena auf Schalke ausgetragen werden – auch jenes jetzt gegen den FC Bayern München.

Eine Konstellation, die ein Schlaglicht auf die besonderen Umstände dieses Teilnehmers in Europas Königsklasse wirft. Wegen des Kriegs in der Heimat bestreitet Schachtar seine Heimpartien in einem Stadion, wo im Alltag nur noch Zweitliga-Fußball aufgeführt wird, weil der Hausherr FC Schalke 04 von Europapokalnächten noch weiter entfernt ist als die Ukraine von einem Frieden mit dem Kriegstreiber Russland. Insbesondere für viele der rund 1,6 Millionen nach Deutschland geflohenen Menschen aus der Ukraine ist die Begegnung gegen die Münchner etwas ganz Besonderes, auch wenn die hohen Eintrittspreise – gegen die glücklicherweise die Bayern-Fans teils erfolgreich protestiert haben – natürlich abschreckend wirkten. Doch es ist davon auszugehen, dass die meisten Besucher emotional mit dem ostukrainischen Bergarbeiterklub verbunden sind oder aber zu den in ganz Deutschland verteilten Fans des deutschen Rekordmeisters gehören. Die Ränge dürften voll sein.

Bei der Heimniederlage gegen den italienischen Spitzenklub Atalanta Bergamo (0:3) kamen 21 636 Zuschauer, beim Heimsieg gegen Young Boys Bern (2:1) nur 17 420 Besucher. Mit nur vier Punkten aus den ersten fünf Spielen steht der einzige Klub aus der Ukraine auf Platz 26 – und wäre nach der Ligaphase derzeit nicht für die Playoffs qualifiziert.

Deutschland wurde als Ersatz-Heimspielort ganz bewusst gewählt. Donezk hatte in der vergangenen Saison seine internationalen Heimspiele bereits in Hamburg ausgetragen. Bei Spielen in der Ukraine komme der Krieg teilweise bedrohlich nahe. Wie nah die Lebensgefahr mitunter rückt, macht auch das Beispiel von Torhüter, Denys Twardowski deutlich – er hat kürzlich seinen Vater im Krieg verloren. So etwas ist traumatisch und passiert in der Ukraine jeden Tag.

Artikel 1 von 11