Ein Ort zum Abkühlen: Reporter Patrick Reichelt in einer der Zellen, die die Polizei im Garden zur Verfügung hat. © sampics
Schwitzen zur Entspannung: Die Sauna. © sampics
Auch von außen ein Hingucker: Münchens neuer Veranstaltungs-Tempel. © sampics
Im Verborgenen: Die Sicherheitszentrale. © sampics
Wellnessoase für gestresste Profis: Die Spieler haben Zugriff auf Eisbecken und Whirlpool. © sampics
München – Der neue Mann muss sich beim EHC Red Bull München (noch) hinten anstellen. Will Butchers Platz wurde am Rand der Kabine eingerichtet. Wie es eben ist, wenn ein Profi spät in ein schon ein bestehendes Gefüge einfinden muss. Und der Verteidiger wird es gewiss leicht verkraften. Das Allerheiligste des viermaligen DEL-Champions im SAP Garden ist, ganz anders als das verwinkelte Vorgängermodell im alten Olympia-Eisstadion, großzügig gestaltet.
Und das gilt – natürlich – nicht nur für die Kabine selbst. Gerade einmal eine Tür entfernt etwa ist der Wellnessbereich. Das einzige Areal abseits der Spielfläche, das sich die beiden Garden-Bewohner EHC und FC Bayern Basketball teilen, würde so manchem Hotel zur Ehre gereichen. Doch Sauna, Eisbecken und Whirlpool, deren Wasser nachts automatisch abgelassen, gereinigt und wieder zugeführt wird, sind keine reine Entspannungslandschaft. Es sind Plätze, in denen die Profis nach den Einsätzen auf Eis oder Parkett bestmöglich regenerieren sollen.
Zu denen auch der Raum für Physiotherapeuten und Mediziner gehört. Und auch die schmucke Lounge mit eigener Küche, in der Profis und Betreuer Pausen überbrücken können. Beim Besuch unserer Zeitung grüßte Trainer-Legende Don Jackson durch die Glastüre. In seinem Rücken wartete Verteidiger-Routinier Jonathon Blum auf einen seiner im EHC-Nachwuchs engagierten Söhne. Nicht zu vergessen „Oscar“, der ein paar Türen weiter wartet. Oscar ist, der Name lässt es erahnen, ein kleines Kino, in dem die Trainer um Max Kaltenhauser auf der Leinwand komfortabel Videoanalysen betreiben können.
Es ist ein Bereich, zu dem aus gutem Grund die Öffentlichkeit keinen und auch nur ausgewählte Clubmitarbeiter Zutritt haben. Störungen im sensiblen Profibetrieb sind unerwünscht. Wobei es immerhin eine Besuchergruppe gibt, die den Profis zumindest an Spieltagen ziemlich nahekommt. Denn tief im Bauch des Gardens, zwischen Spielfläche und Kabine haben die Macher der Arena einen zusätzlichen Bereich für VIPs eingerichtet, die sehr wichtigen Personen sozusagen. Im illustren Players Club werden bis zu 40 Besucher über die gesamte Dauer ihres Aufenthalts bewirtet. Der Raum kann nur im Paket gebucht werden, in der Praxis eine Spielwiese für Firmen.
Durch eine Glaswand können die Profis beim Weg auf oder von der Spielfläche beobachtet werden. Interviews nach dem Spiel inklusive. Denn auch die Mixed-Zone – der Treffpunkt von Sportlern und Reportern – ist dort eingerichtet. Wobei die Glaswand streng genommen ein überdimensionierter Bildschirm ist. Von der Innenseite können Grafiken oder sogar Videos projiziert werden. Die Wege sind kurz, auch die Tribünenplätze sind nur eine Tür entfernt. Die Entfernung zwischen Sport und Gastronomie beträgt nur wenige Sekunden.
Auf der Tribüne treffen hier gewissermaßen die alte und die neue Welt des Münchner Sports aufeinander. Denn direkt an die Plätze des Players Clubs grenzt die Gästekurve. Dort kam es zum bislang einzigen ernsthaften, unerfreulichen Zwischenfall. Bei einem Spiel des EHC gegen Nürnberg wurde ein Besucher aus dem Frankenland gewalttätig.
Aber der SAP Garden ist auch für Fälle wie diesen gerüstet. Spiel für Spiel sind alleine 150 bis 185 Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes im Einsatz. Hand in Hand mit der Polizei sorgen sie für einen möglichst störungsfreien Ablauf der Veranstaltungen. Die Einsatzzentralen liegen nicht umsonst Tür an Tür im zweiten Stock, hoch über dem sportlichen Geschehen. Bis zu sechs Beamte verfolgen das Geschehen am Fenster, zwei weitere am Bildschirm das, was mehr als 130 Kameras im gesamten Komplex verfolgen. Ein Sicherheitsnetz, in dem kein Zwischenfall lange unbemerkt bleibt. Und wie viel Zeit bleibt zwischen Alarm und Zugriff? „Zwischen fünf und sieben Sekunden“, sagt der verantwortliche Polizeibeamte, dessen Name ungenannt bleiben soll. Man merkt: Das Netz ist dicht.
Wobei die Beamten in der Regel schon im Vorfeld wissen, wo die Gefahr drohen könnte. Zum Teil sickerte eine Hooliganszene aus dem Fußball ins Eishockey ein. Vor allem in den Fangemeinden aus Ingolstadt und Straubing, erst kürzlich binnen von drei Tagen beide in München zu Gast. Sind den Behörden wesentliche Gruppen von Störern der Kategorie B (potenziell gewaltbereit) bekannt, stehen sie unter besonderer Beobachtung.
Wer handgreiflich wird, der hat gute Karten, einen Platz tief in den Katakomben kennenzulernen – in einem Seitengang, zu dem ausdrücklich nur die Polizei Zutritt hat. Dort sind Befragungsräume und sogar Gefängniszellen beheimatet, in denen Gewalttäter bei Bedarf zeitweilig festgesetzt werden können.
In der Praxis müssen die entsprechenden Kandidaten nicht länger als „20 bis 60 Minuten“ in den kahl gefliesten Räumen hinter Gittern bleiben, wie der Beamte sagt. Dann könnte im Bedarfsfall der Weitertransport in die Zentrale an der Ettstraße erfolgen oder – wie im bislang einzigen Fall geschehen – die Entlassung in die Freiheit.
Der entsprechende Strafbefehl folgt. Der Bann durch die mit den Behörden kooperierende Deutsche Eishockey Liga inklusive. Wer auffällig wird, der kann bis zu drei Jahre vom Besuch sämtlicher Partien ausgesperrt werden. Und nicht nur für die im Garden – der Bann ist bundesweit für alle Spiele in DEL, DEL 2 und Oberliga gültig.
PATRICK REICHELT