Oh, du gefährliche…

von Redaktion

Bayerns erste Liga-Pleite als Wachrüttler: Kein Selbstläufer

Ausnahmsweise nichts zu feiern: Die Stars bedankten sich bei den mitgereisten Fans. © IMAGO/Hoermann

FCB-Trainer Vincent Kompany. © IMAGO/Hoermann

Jubeln durften die anderen: Die Mainz-Pleite brachte die Bayern um Sané und Müller zum Nachdenken. © IMAGO

München – Dass ein Bayern-Trainer auf dem Podium in Mainz sitzt und eine Niederlage zu erklären hat, ist keine Seltenheit. Hansi Flick musste 2021 da durch, Julian Nagelsmann 2022, Thomas Tuchel 2023 – und nun, am späten Samstagnachmittag dieses dritten Adventswochenendes, war eben Vincent Kompany an der Reihe. Der 38-Jährige sprach als Novize auf diesem Gebiet, weil er zum einen die Wucht des neuen Angstgegners zum ersten Mal erfahren und zum anderen sowieso noch nie mit den Bayern ein Liga-Spiel verloren hatte. Die Zuhörer erlebten also eine Premiere – aber sie merkten schnell, dass die Dinge doch anders gelagert sind als vor eineinhalb Jahren unter Tuchel. Keine Ratlosigkeit, keine Ausreden, keine Resignation. Vielmehr blieb von Kompany der Satz hängen: „Das Spiel ist vorbei – wir werden die Woche nutzen, um wieder Feuer aufzubauen.“

Natürlich hat dieses 1:2 (0:1), der ideenlose und nach passablen 15 Minuten auch harmlose Auftritt, nicht nur die Protagonisten im verletzungsgeplagten Kader, sondern auch den Trainer des Rekordmeisters geschmerzt. Und trotzdem ging der Blick schon nach Abpfiff – und erst recht nach der Landung in Oberpfaffenhofen um kurz vor 20 Uhr – wieder nach vorne. Ein letztes Spiel 2024 steht noch an, am Freitag (20.30 Uhr) gastiert RB Leipzig in der Allianz Arena. Und die Aufgabe für die finalen fünf Arbeitstage des Jahres formulierte der angefressene Joshua Kimmich gerne so, dass sie bei allen ankam: „Jeder hat dafür zu sorgen, am Freitag bei 100 Prozent zu sein.“ Denn sonst ist anstatt der bereits versprochenen Meisterschaft von Uli Hoeneß unter dem Weihnachtsbaum wieder Unruhe angesagt. Die Konkurrenz schläft ja nicht.

Noch haben die Bayern vier Punkte Vorsprung auf den wohl am ehesten ernst zu nehmenden Konkurrenten aus Leverkusen. Aber Kimmich, der schon in den letzten Wochen nach Siegen nicht mit Kritik gespart hatte, sieht sein Team eine Woche vor Weihnachten in einem „gefährlichen Moment, einem entscheidenden Moment“. Das Duell mit Leipzig kann darüber entscheiden, in welche Richtung die bisher zumindest in zwei Wettbewerben zufriedenstellende Saison sich entwickelt. Über die Stimmung im Team sagte der Regisseur: „Wir sehen schon, dass wir jetzt vier Niederlagen haben.“ Und über die Konsequenzen: „Wir müssen als Mannschaft zusammenstehen, hart arbeiten, wissen, dass wir nichts geschenkt bekommen.“ Max Eberl formulierte es anders, aber ebenso treffend: „Es ist noch ein weiter Weg.“

Ab Januar wird er wieder von einem qualitativ und quantitativ größeren Kader bestritten werden können, am Freitag aber müssen es die wenigen Männer richten, die es in Mainz laut Kimmich „nicht geschafft“ haben, „die Emotionen rauszunehmen und die Kontrolle zu übernehmen“. Womöglich wäre das Spiel anders verlaufen, hätte Michael Olise nach wenigen Minuten das Tor nicht verfehlt, so aber zeigte Mainz kämpferisch und effizient die Bayern-Grenzen im Dezember 2024 auf. Ein spätes Tor von Leroy Sané (87.) reichte nach dem Doppelpack von Jae-sung Lee (41./60.) nicht. Schuld waren die Bayern selbst, „nicht der Schiedsrichter, der Platz, die Verletzten oder das Wetter“, sagte Eberl.

Der Sportvorstand übrigens gab sich ebenso reflektiert. „Das kann passieren bei Menschen. Nach den drei Niederlagen bisher haben wir immer eine gute Reaktion gezeigt. Das wollen wir jetzt genauso tun“, sagte er – und richtete den Blick lieber auf die jüngste Vergangenheit als zu weit zurück. Mainz-Pleite hin oder her: An die Tuchel-Bayern denkt wirklich niemand mehr.
HANNA RAIF, MANUEL BONKE

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