Der bunteste Nomade der NBA

von Redaktion

Achtes Team in zwölf Jahren: Schröder jetzt im Trikot-Club mit Shaq O`Neal

Nur 15 Spiele absolvierte Schröder für Houston.

Im goldenen WM-Sommer wechselte er nach Kanada.

Mit den Nets war Schröder zuletzt nicht konkurrenzfähig

Bald Teamkollegen: Dennis Schröder und Steph Curry organisieren ab Donnerstag das Spiel der Warriors.

Kurzes Intermezzo bei den Boston Celtics.

Für die LA Lakers war er gleich zweimal aktiv.

Zwei Jahre spielte Schröder bei Oklahoma City Thunder.

In Atlanta begann seine NBA-Reise. © IMAGO

NBA-Star Dennis Schröder hat in den USA schon viel gesehen und spielte auch für ein Jahr in Kanada.

San Francisco – Auf seinem eigenen Videokanal lässt Dennis Schröder jeden, den es interessiert, am Leben als Basketballprofi teilhaben. In dieser Woche sah man, wie er seinen Kindern Zähne putzt, eine Lasagne verspeist und wie ihn sein äußerst ehrgeiziger Sohn mal wieder zu einem Wohnzimmer-Duell herausfordert. Aufgezeichnet hat er die Folge offensichtlich vier Wochen zuvor und da war inmitten des trauten Familienfriedens natürlich noch nicht die neuste Eruption abzusehen: Für die Familie Schröder steht der nächste Umzug an, der zweite alleine in diesem Jahr. Von Toronto ging es im Sommer nach New York, nun ziehen sie 2900 Meilen westlich an die Küste von San Francisco. Diesen Sonntag verpflichteten die Golden State Warriors via Tauschgeschäft den deutschen Kapitän und Weltmeister. Direkt am ersten Tag, an dem sich Schröders 13-Millionen-Dollar-Vertrag laut Ligastatuten weiter reichen lässt.

Das kalte Geschäft der Profiliga NBA, in dem Sportler nur eine Wahre mit Wert sind, hat ihn zu einem Wanderburschen gemacht. So oft haben ihn die Klubs in den vergangenen Jahren hin und her gereicht. Die Warriors sind das achte Team seiner Karriere – nach Atlanta, Oklahoma, den Los Angeles Lakers, Boston, Houston, Toronto und den Brooklyn Nets. In Amerika sind sie besonders gut darin, die aberwitzigsten Vergleiche und Kategorien zu erfinden. Nun, der 31-Jährige ist erst das zweite Mitglied (nach Legende Shaquille O’Neal) des sogenannten Regenbogen-Klubs: Mit dem blauen Trikot der Warriors hat er nun ein Dress in jeder verfügbaren Farbe getragen. Dennis Schröder, der bunteste Nomade der NBA.

Warum der Aufbauspieler so oft transferiert wird, hat viel mit seinen Fähigkeiten und noch mehr mit den Spielregeln der Liga zu tun. Der Mann gehört gewiss zur Weltspitze, allerdings nicht ganz zur höchsten Riege der Superstars, die ihre eignen Pfade diktieren können. Solche Spieler vom Kaliber Schröder, meist mit nicht allzu großen Verträgen ausgestattet, sind beliebte Verhandlungsmasse, andererseits – so könnte man’s nennen – gern gesehene Hilfsarbeiter auf Zeit. Die Nets in New York zum Beispiel holten ihn, um wenigstens etwas Kompetenz im Spielaufbau im Kader zu haben, gleichzeitig um seinen Wert für spätere Tauschgeschäfte zu erhöhen. Der Plan ging voll auf. Vor allem dank Dennis Schröder sprengte der Klub aus Brooklyn sämtliche Erwartungen. NBA-Insider Tim MacMahon vom Sender ESPN formuliert es so: „Schröder hat ihnen zu viele Spiele gewonnen.“ Klingt paradox, ist aber Teil des Systems. Wer wenig Aussichten auf Meisterschaft und Playoffs hat, verliert lieber, um bei der anstehenden Talentziehung einen der Rohdiamanten zu ergattern. Übrigens verloren die Nets in der Nacht auf Dienstag ihr erstes Spiel ohne Schröder gegen die Cleveland Cavaliers deutlich mit 101:130.

Auf der anderen Seite stehen die Bedürfnisse der Warriors, ehemals eine Basketball-Dynastie um ihren alternden König Steph Curry (36), der aber nach wie vor zu den großen Ballkünstlern der Liga zählt. Genau deshalb versuchen die Warriors, Talent um ihn zu scharen, damit er nochmals eine letzte, wenn auch kleine Chance auf einen Meistertitel bekommt. Mit Curry stellt der Klub aus San Francisco eine der besten Angriffsreihen der NBA. In den Minuten ohne ihn gleicht die Offensive dem heruntergekommenen Industriegebiet von Oakland, wo die Warriors vor ihrer Schicki-Micki-Zeit malochten. Dennis Schröder ist da eine kurzfristige, preisgünstige wie risikofreie Lösung. Er dürfte den Angriff der Warriors ohne Curry wieder ligatauglich machen. Zumindest in den nächsten Wochen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ihn der Verein schon bald wieder weiterreicht auf der Jagd nach einem noch größeren Fisch. So funktioniert die Liga, in der (fast) keiner unantastbar ist.
ANDREAS MAYR

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