„Wir lassen uns nicht aus der Ruhe bringen“: Dreesen über das Team, das am Dienstag fleißig trainierte. © FCB
„Wir strengen uns tüchtig an“: Dreesen über die Verhandlungen mit Musiala. © IMAGO
„Habe Vertrauen in Vincent: Jan-Christian Dreesen. © IMAGO
München – 2024 neigt sich dem Ende – Zeit zurückzublicken, auch für den Boss des FC Bayern. CEO Jan-Christian Dreesen (57) nahm sich am Rande des Fanclub-Besuchs in Dietfurt Zeit für ein Jahresabschluss-Interview.
Herr Dreesen, Sie nehmen sich jedes Jahr viel Zeit für den Fanclub-Besuch. Genießen Sie diese Tage an der Basis besonders?
Ich nehme mir gerne so viel Zeit, deswegen ufert der Besuch oft aus (lacht). Aber es ist mir auch wichtig. Jeder, der mich etwas fragt, verdient eine Antwort. Diese Verbindung zu den Fans ist so viel wert.
Ist der FC Bayern auf diesem Gebiet Vorbild für andere Clubs?
Wir sind der einzige große Club, der das überhaupt macht. Im letzten Jahr war es schade, dass wir die Besuche wegen heftigen Schneefalls aufs neue Jahr verschieben mussten – denn die Stimmung ist in der Weihnachtszeit einfach eine andere. Die Fanclub-Besuche passen in die besinnliche Zeit. Und sie sind für den FC Bayern ein ganz wichtiges Element. Diese Tradition müssen wir uns noch über Jahrzehnte bewahren.
War der Besuch in Dietfurt Balsam für die geschundene Seele nach der Niederlage in Mainz?
Es tat auf jeden Fall gut. Wir haben kein gutes Spiel gezeigt in Mainz, das ist uns allen bewusst. Joshua Kimmich hat es richtig ausgedrückt, dass wir die Situation ernst betrachten und die Sinne schärfen müssen. Das letzte Spiel ist wichtig, wir wollen das Jahr ordentlich zu Ende bringen, sprich: Leipzig schlagen.
Kimmich sprach von einem „entscheidenden Moment“ – ist das treffend?
Es ist ein wichtiger Moment, denn wir wollen natürlich unseren Vorsprung an der Spitze verteidigen. Dazu gehört, dass wir der Konkurrenz klarmachen, dass sie uns nicht einholen kann. Wir hatten acht Verletzte in Mainz, aber wir lamentieren nicht, das hat der FC Bayern nie gemacht. Wir hatten auf jeden Fall genug Klasse auf dem Platz, um das Spiel zu gewinnen.
Was macht es mit Ihnen, Leverkusen auf vier Punkte herangerückt im Nacken zu spüren?
Erst mal noch gar nichts.
Es könnte aber ein unruhiges Fest werden.
Ach wissen Sie, darüber denke ich gar nicht nach. Ich habe großes Vertrauen in Vincent Kompany und in unsere Mannschaft. Außerdem lassen wir uns nicht so leicht aus der Ruhe bringen.
Was soll denn unter dem Bayern-Baum liegen?
Erst mal natürlich ein Sieg vom Freitag gegen Leipzig, eine gefestigte Tabellenspitze – und darunter liegt schon die Chance auf die Top 8 in der Champions League, die wir uns erarbeitet haben.
Auch ein paar unterschriebene Verträge wären doch gut, oder?
Max Eberl und Christoph Freund sind in guten Gesprächen. Aber es gilt da an diversen Stellen, Geduld zu haben.
Muss man für Jamal Musiala finanzielle Grenzen überschreiten wie für keinen anderen zuvor?
Ich habe schon in meiner früheren Funktion als Finanzvorstand gesagt: Der sportliche Erfolg steht bei uns über allem, aber in Verbindung mit wirtschaftlicher Vernunft. Da müssen wir die Balance halten, denn auch das hat bei Bayern Tradition. Was nichts daran ändert, dass wir unbedingt versuchen wollen, Jamal bei uns zu behalten. Ich hoffe, dass er verlängert. Wir strengen uns tüchtig an.
Seinen Preis treibt er mit Leistungen seit Monaten selbst hoch.
Er ist ein absolut herausragender Spieler und immer noch jung, gerade mal 21 Jahre alt. Das wird oft vergessen. Er ist immer noch nicht am Ende seiner Entwicklung! Ich weiß von Max (Eberl/d.Red.), dass sie in guten Gesprächen sind, und hoffe, dass es zum Abschluss kommt.
Max Eberl sagte am Samstag: „Der FC Bayern ist kein Gelddrucker.“ Das dürfte Ihnen gefallen.
Max hat mit dem Bild zum Ausdruck bringen wollen, dass wir kämpfen müssen, um uns in der europäischen Spitze zu behaupten. Und dass wir nicht einfach an irgendeinen Speicher gehen können, um die Schubkarre da drin voll zu schaufeln. Wir haben finanzielle Rahmenbedingungen, die wir beachten müssen.
Das ist dann auch das Motto für die Wintertransferperiode, oder?
Dass wir keinen Backup für Harry Kane holen werden, hat Max ja schon gesagt. Das kann ich nur unterstreichen. Wir haben eine Top-Mannschaft und ich sehe aktuell keinen Handlungsbedarf.
Was sind denn dann Ihre Neujahreswünsche?
Mein Traum ist, dass wir ins Finale zu Hause kommen. Zudem wünsche ich mir, dass wir bei den anstehenden Vertragsverlängerungen an der ein oder anderen Stelle erfolgreich sind.
… und Florian Wirtz dazuholen?
Ich glaube, die Leverkusener wollen ihn nicht gehen lassen. Abgesehen davon wollen wir immer versuchen, eine Top-Mannschaft zu haben, die international wettbewerbsfähig ist.
Zu Manuel Neuer haben Sie vor den Fans gesagt, Sie wünschen sich, dass er den Übergang zu der Zeit nach ihm begleitet. Wie meinen Sie das konkret?
Erst mal soll er in Ruhe wieder fit werden und ganz gesund auf den Platz zurückkehren. Ein solch erfahrener Torhüter wie Manuel, der seit Jahrzehnten auf einem Niveau spielt, an das andere Torhüter weltweit nicht heranreichen, ist wertvoll für den FC Bayern und kann natürlich auch immer sehr viel weitergeben.
Und vielleicht das eine oder andere Spiel abgeben?
Das würde ich jetzt so nicht sagen. Wir müssen einfach Wege finden, die am Ende für alle Seiten ideal sind.
Die Mammut-Saison mit Club-WM wird Neuer noch zu Ende bestreiten. Heißt der neue Wettbewerb im Sommer eigentlich, dass keine Zeit für eine Summer Tour ist?
Die Summer Tour, wie wir sie die letzten Jahre bestritten haben, kann es so natürlich nicht geben. Wir hoffen, bei der Club-WM weit zu kommen, dann wären es maximal sieben Spiele in einem langen Zeitraum. So können wir Marketingmaßnahmen in den USA mit dem Sportlichen verbinden. Auch das verspricht eine enorme Strahlkraft und Reichweite weltweit. Daran arbeiten wir zusammen mit Audi und unseren Partnern.
INTERVIEW: HANNA RAIF