Hass im Netz gegen Gabriel Clemens. © Stephen/Imago
Nervlich am Ende: Cameron Menzies (r.). © Goodwin/Imago
Party zur Weihnachtszeit: Normalerweise herrscht im Londoner Ally Pally während der Weltmeisterschaft gute Stimmung – manchmal aber schießen die Fans übers Ziel hinaus. © Chan/Imago
London – Fröhliche, lustig verkleidete Menschen, die Party machen – so kennt man die Darts-Fans während der Weltmeisterschaft im legendären „Ally Pally“ in London normalerweise. Doch die immer größer werdende Popularität des Mentalsports bringt auch ihre Schattenseiten mit sich. Wie in anderen Sportarten mittlerweile gang und gäbe, nimmt auch der Hass in der Darts-Community immer weiter zu – sei es in der Halle oder im Netz.
Dass das Publikum sich auf die Seite einer der beiden Protagonisten auf der Bühne schlägt, ist völlig normal. Hässlich wird es dann, wenn der – warum auch immer – weniger beliebte Akteur mit Buhrufen und vereinzelten Pfiffen aus dem Konzept gebracht werden soll. Früher selten passiert, kommt es mittlerweile oft zu diesen unsportlichen Aktionen seitens der Fans.
Trauriger Tiefpunkt der WM bisher war das Spiel zwischen dem US-Amerikaner Leonard Gates und dem favorisierten Cameron Menzies aus Schottland. Menzies war als klarer Favorit in die Partie gegangen, auch wenn er aufgrund gesundheitlicher Probleme seines Vaters nicht wirklich frei im Kopf war. Während Gates vom Publikum getragen wurde, bekam Menzies Pfiffe und Schmähgesänge ab, Fehlwürfe auf Doppel wurden lauthals bejubelt. Im letzten Satz war der Schotte der Situation nicht mehr gewachsen, die Tränen liefen. Die Fans reagierten jedoch – anders als in den Vorjahren – überhaupt nicht sensibel und feuerten weiter gegen den verzweifelten Menzies, beschämende Szenen im Ally Pally.
40 Prozent der Tickets für die WM gingen in diesem Jahr an Deutsche, ähnlich wie letztes Jahr. Dort bekam der spätere Weltmeister Engländer Luke Humphries im Duell gegen den Deutschen Ricardo Pietreczko den Hass einiger Anhänger zu spüren. Der unterlegene und von den Fans unterstützte Pietreczko äußerte nach der Partie seinen Unmut darüber: „Ich habe öfter gehört, dass bei seinen Würfen, gerade wenn er ansetzt, gepfiffen wurde. Das gefällt mir gar nicht. Ich werde gerne unterstützt, aber nicht so.“ Ein sichtlich aufgewühlter Humphries beklagte sich damals nach dem Match: „Ich hatte 99 Prozent des Publikums gegen mich und ein Teil von ihnen pfiff mich bei jedem Wurf aus. Geistig und körperlich war es das härteste Match, das ich je gespielt habe. Ich fühlte mich wie in Deutschland, das war unglaublich hart.“
Doch nicht nur in der Halle, auch im Internet wird der Ton rauer. Gabriel Clemens, vor zwei Jahren noch gefeierter Halbfinalist bei der Weltmeisterschaft, scheiterte am Donnerstag nach schwacher Leistung gegen Außenseiter Robert Owen bereits in der zweiten Runde – und erhielt hinterher zahlreiche Hass-Nachrichten. Auf „Instagram“ schrieb der Saarländer: „Es ist unglaublich, wie viel Hass, Beleidigungen und noch schlimmere Dinge mir in den letzten Stunden entgegen gebracht wurden. Ich hoffe, Eure Kinder suchen sich andere Vorbilder.“
MARCO BLANCO UCLES