Pfeilschnelle Teamarbeiterin: Burghardt im Staffelwettbewerb der Olympischen Spiele. © IMAGO
Bei den Sommerspielen in Paris. © Instagram
Christa Luding-Rothenburger. © Imago
Eduardo Alvarez. © IMAGO/Taguchi
Mit Pilotin Mariama Jamanka freute sich Burghardt 2022 in Peking über Silber im Zweierbob.
Medaillenjubel: Alexandra Burghardt, Rebekka Hase, Gina Lückenkemper und Lisa Mayer gewann in Paris Staffel-Bronze. © Song/IMAGO
München – Achterbahnfahrt. Das beschreibt das Jahr der Alexandra Burghardt wohl am besten. Nach der Hallensaison verletzte sich die Sprinterin am Fuß, neue Schuheinlagen waren das Problem. Nach dem elften Tag mit den neuen Einlagen konnte Burghardt nicht mehr auftreten, fünf Wochen ohne Lauftraining. Und Komplikationen, die sich über die ganze Saison zogen. Burghardt reiste 60 Stunden quer durch Europa, um jedem Punkt für die Olympia-Qualifikation hinterherzulaufen.
Die 30-Jährige schaffte es, sicherte sich das Staffel-Ticket für Paris, ihre vierte Teilnahme bei Olympischen Spielen. Und musste dann erst mal zusehen. Im Stade de France startete neben Gina Lückenkemper, Lisa Mayer und Rebekka Haase zunächst Sophia Junk. Als Junk im Finale angeschlagen passen musste, sprang Burghardt wieder ein. Kein Problem für die erfahrene Athletin. „Ich wusste sofort, dass ich bereit bin. Beim Warm-up abends habe ich mich super gefühlt.“ Bei der Ankunft am Stadion schien noch die Sonne, danach musste das Staffel-Team lange in den Katakomben warten. Burghardt wagte einen Blick nach draußen und sah… strömenden Regen. „Da war klar, dass es Drama pur gibt. Wir sind auf die Bahn gegangen, haben uns angeguckt und irgendwie wussten wir, dass das jetzt unser Moment ist. Dass wir eine Medaille gewinnen. Ab da konnte man es einfach nur noch genießen.“
2022 gewannen die Sprinterinnen in der Staffel sensationell Gold bei den European Championships, bei der Weltmeisterschaft in Eugene Bronze. Eine Medaille bei den Olympischen Spielen war ein gemeinsames Versprechen, das in Paris mit Bronze eingelöst wurde. „Staffelmäßig habe ich alles erreicht, wovon ich je geträumt habe. Das war die Krönung unserer Reise.“
Burghardt hat Geschichte geschrieben. 19. Februar 2022 – Silbermedaille bei den Olympischen Winterspielen von Peking als Anschieberin im Zweierbob von Mariama Jamanka. Und zweieinhalb Jahre später der Triumph im Hexenkessel Stade de France. Von der Eisrinne Pekings in die Hitze Paris. Nur sieben Menschen ist zuvor der Medaillen-Doppelpack bei Sommer- und Winterolympia gelungen. „Das macht mich stolz und ist sehr cool. Das kann man ja nicht so leicht nachmachen“, lacht Burghardt. Der Ausflug in den Wintersport war nie geplant, kam ein wenig unverhofft. „Dadurch hat es einen schönen, magischen Touch bekommen.“
Zuletzt war die gebürtige Mühldorferin im Trainingslager in Dubai, die Weihnachtswochen werden bei der Familie verbracht. Ganz gemütlich, ohne großes Menü, die sozialen Batterien wieder aufladen. In der Familie sind diese Tage von Paris noch oft Gesprächsthema. „Da stellen sich mir die Haare wieder auf, wenn ich an die Momente im Stadion denke. Das ausverkaufte Stade de France, diese Lautstärke, diese Magie am Abend. Du hast diese Olympia-Stimmung in der ganzen Stadt gespürt.“ Nach ihrem Erfolg wurde Burghardt immer wieder von Einheimischen und Fans in der Stadt angesprochen, musste die Medaille rausholen und natürlich viele Bilder machen. „Diese Erinnerungen bleiben für immer.“
Burghardt startet für den SV Wacker Burghausen, betont immer wieder, wie wichtig das Ehrenamt und solche Anlaufstellen sind. Sie erinnert sich, wie sie als Kind vor dem Fernseher saß, sich die Olympischen Spiele anschaute und dachte: Da will ich auch mal hin. Wie sie nach Hause kam und stolz erzählt, wen sie heute gesehen hat. „Es ist wichtig für den Sport, dass es Menschen gibt, zu denen du aufschauen kannst. Du brauchst Inspiration. Menschen, die dir zeigen, dass es sich zu träumen lohnt.“ Bei Burghardt war das Julia Viellehner. Eine Triathletin, die tragisch verunglückte. „Als ich in der fünften Klasse war, war sie in der 13. Und ich war immer total aus dem Häuschen, wenn ich sie im Treppenhaus gesehen habe.“
Mittlerweile ist Burghardt selbst Inspiration für die Jugend. Als eine Sportlerin, die Geschichte geschrieben hat. Und in schweren Zeiten immer auf ihre Stärke vertraute. Die letzten drei Jahre verliefen nicht nach Plan, immer wieder musste sie sich nach Verletzungen zurückkämpfen. „Das hat sich oft angefühlt wie im Hamsterrad.“
Am 2. Januar geht es ins Trainingslager nach Teneriffa, der Feinschliff für die Hallensaison. Und dann hoffentlich endlich ein reibungsloses Jahr, um zu sehen, was noch im Tank ist. „Ich glaube nicht, dass die 11,01 das höchste aller Gefühle war. Ich bin mir sicher, dass ich unter elf Sekunden laufen könnte, das möchte ich noch herauskitzeln.“
NICO-MARIUS SCHMITZ