Man muss in der Historie der Vierschanzentournee ja schon ein bisschen zurückblättern, um ein Erfolgserlebnis der beiden Gastgebernationen zu finden. 2015 war es Stefan Kraft, der die Serie der „Superadler“, wie sich Team Austria damals ganz unbescheiden nannte, mit dem siebten Streich in Serie abrundete.
Kurz vor dem Start der 73. Auflage der Tournee spricht viel dafür, dass die Szene der Flieger ähnlichen Zeiten entgegengehen könnte. Und das liegt nicht nur daran, dass Rot-Weiß-Rot die Weltcup-Spitze dominiert. Vor allem hat der ÖSV eine schlagkräftige Mischung aus Jugend und Erfahrung am Start. Mit Leuten wie Jan Hörl (26) und Daniel Tschofenig (22), die ihren Zenit noch gar nicht erreicht haben.
Klar, es gibt andere, die dem Co-Gastgeber in den nächsten Tagen mal wieder die Party in Bischofshofen verderben könnten. Wird Dreifachsieger Ryoyu Kobayashi mal wieder der Spielverderber? Melden sich die Slowenen zurück? Oder beenden Pius Paschke & Co. die mehr als zwei Jahrzehnte währende Tournee-Durststrecke der Deutschen. Das alles ist gut möglich.
Doch Österreichs Rivalen haben eines gemeinsam: Sie alle stehen vor allem für die Skisprung-Gegenwart. Oder wie die lange so dominanten Polen für die Vergangenheit. Auch bei den Deutschen sind die hoffnungsvollen Asse um Paschke, Andreas Wellinger oder Karl Geiger allesamt schon im Altersbereich knapp vor (Wellinger) oder deutlich über 30.
Und dahinter? Sieht es sicherlich besser aus als in Polen, wo man sich darauf verlassen hat, dass das nächste Jahrhunderttalent nach Adam Malysz und Kamil Stoch schon kommen wird. Doch Konkurrenz im eigenen Land haben auch Paschke & Co. so schnell noch nicht zu befürchten. Das bekam auch Adrian Tittel, Bronze-Gewinner der Junioren-WM, in seinen ersten Gehversuchen im Weltcup zu Saisonbeginn deutlich zu spüren.
Nachwuchsathleten in Richtung Weltcup zu führen, ist ein langwieriger Prozess. Auch in Österreich hat man die Erneuerung bereits vor zehn Jahren angestoßen, als sich die Ära der Superadler langsam ihrem Ende zuneigte. Jetzt trägt die Arbeit mehr und mehr Früchte. Abzulesen im aktuellen Weltcupstand, wo Manuel Fettner als 15. nur der sechstbeste Österreicher ist und damit bereits um seinen Startplatz bangen muss.
Ob es schon für Trophäen reicht, wird sich zeigen. Vielleicht schon in Bischofshofen. patrick.reichelt@ovb.net