Der Angestachelte

von Redaktion

Stefan Kraft siegt in Oberstdorf – Vieles erinnert an 2015

Er jubelt wieder: Auftaktsieger Stefan Kraft. © dpa

Oberstdorf – So ganz sicher war sich Stefan Kraft seiner Sache dann doch nicht. Der Routinier ahnte, dass es knapp werden könnte zwischen Teamkollege Jan Hörl und ihm. Doch dann leuchtete sie ja auf, die Eins, die ihn zum großen Sieger dieses Tourneeauftakts machte.

Worauf Kraft selbst bestenfalls zu hoffen gewagt hatte. Ja, er hatte in den vergangenen Wochen so einiges an Sprung und Material getüftelt. Und mit einem Lächeln festgestellt, dass er sich immer näher an die Besten des Frühwinters herangeschoben hatte. Und nun also Oberstdorf. „Dass es gerade hier so aufgeht, ist einfach nur perfekt“, schwärmte er.

Nun ist ja gerade einmal eine Station der Tournee Geschichte. Und doch weckt der Ausgang in Oberstdorf leise Erinnerungen an 2015. Auch seinerzeit war Kraft ohne Sieg, bestenfalls als Mitfavorit in Allgäu gereist. Flog zum bestmöglichen Zeitpunkt an seinem höher eingeschätzten Freund, Zimmer- und Teamkollegen Michael Hayböck vorbei. Was herauskam ist bekannt. „Der Michi und ich, wir haben uns gebattled“, sagte Kraft, „und irgendwie war es einfach ein Rausch.“ Am Ende stand Kraft in Bischofshofen ganz oben auf dem Siegertreppchen.

Seinen Trainer Andreas Widhölzl würde es kaum überraschen, wenn es diesmal ähnlich ausgehen würde. „Ich habe immer gesagt: Wenn er es spürt, dann ist alles möglich“, sagte der ÖSV-Coach. Und wer weiß, vielleicht ist es ja genau der teaminterne Kampf, der Kraft auch jetzt zum heißesten Anwärter auf die Nachfolge von Titelverteidiger Ryoyu Kobayashi machte. „Wenn du gut springst und hast trotzdem zwei aus dem eigenen Team vor dir, dann stachelt dich das an“, sagte er. Und es sind ja nicht nur zwei Springer, die am Thron des Austria-Anführers rütteln. Kumpel Hayböck nähert sich der alten Form, wurde trotz heftig verpatztem zweiten Sprung immer noch Achter in Oberstdorf. Knapp gefolgt von Maximilian Ortner und Markus Müller, die mit den Plätzen elf und 14 das eindrucksvolle Ergebnis abrundeten.

Für Kraft soll nun auf dem weiteren Weg durch die Tournee auch die Schanze in Garmisch-Partenkirchen kein Hindernis sein. Auf der Olympiaschanze hatte der 31-Jährige in den vergangenen Jahren ja des Öfteren letztlich entscheidenden Boden verloren. Doch das sieht Kraft eher als Kopfproblem. Denn meist war er mit beträchtlichem Rückstand nach Partenkirchen gereist und wollte aus der Jägerrolle „mit aller Gewalt aufholen.“ Das ist nun anders, Stefan Kraft verließ Oberstdoirf nun nicht als Jäger sondern als Gejagter. Und überhaupt: „Eigentlich mag ich die Schanze.“

Den Beweis kann er nun ja bald antreten.
RP

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