Der kleine Daniel als Fußballer.
Auch im Kollektiv am Stärksten: Österreichs Skispringer in Garmisch-Partenkirchen. © IMAGO
Ohne Duell geht es nicht: Tschofenig (li.) mit Herausforderer Hörl. © IMAGO
Fliegendes Paar: Tschofenig mit Freundin Alexia Loutitt.
Der Überflieger und die einmalige Trophäe: Tschofenig nahm für seinen Sieg in Partenkirchen auch örtliche Schnitzarbeit mit. © IMAGO
Innsbruck – Eine kleine Belohnung am Morgen danach musste dann doch sein. Zum Frühstück gönnte sich Daniel Tschofenig sein Nutella-Brot. „Ohne das“, so sagte er kürzlich in Oberstdorf, „geht es nicht.“ Und es funktioniert mit dem Schoko-Aufstrich ja ganz gut. Der 22-Jährige ist bei den Skispringern der Mann der Stunde. Tagessieg beim Neujahrsspringen, Führung in der Tournee und im Gesamtweltcup.
Es hat viel mit ihm zu tun, dass in Österreich pünktlich zu den beiden Heimspielen in Innsbruck und Bischofshofen wieder das Sprungfieber ausgebrochen ist. Der Bergisel, wo am Samstag Teil drei der 73. Vierschanzentournee wartet, ist zum ersten Mal seit den Tagen der Superadler um Gregor Schlierenzauer & Co. mal wieder ausverkauft. Viele andere würden das wahrscheinlich als Druck ansehen. Als Bürde, die schwer auf den Schultern lastet. Nicht Tschofenig. „Schöner geht es doch gar nicht“, sagte der junge Kärntner.
Es ist die Mischung aus Lockerheit und dem Selbstbewusstsein eines Mannes, der die Szene seit Saisonbeginn mit beherrscht. In zwölf Weltcups patzte der gebürtige Villacher nur einmal. Im Schneetreiben von Titisee reichte es nur zu Platz 15. Wäre nicht Pius Paschke gewesen, der Weltcup hätte schon seit dem Auftakt ziemlich rot-weiß-rot geleuchtet. Bei seinem Startsieg in Lillehammer etwa hatte der Kiefersfeldener mit Tschofenig, Maximilian Ortner, Stefan Kraft und Jan Hörl gleich vier Österreicher im Schlepptau.
Und gerade in Tschofenigs Fall war die Konstanz erstaunlich. Beim jungen Himmelsstürmer, der zum Tourneeauftakt verriet, dass er als kleiner Junge sieben Jahre lang Fußball gespielt hatte. Auch wenn „i ned woaß, ob ma des Fuaßboi nenna kaan“. Sieben Jahre trug er das Trikot des SV Draschitz. Als Verteidiger – „Hoizhacker“, wie er sagt. Gesagt, bewiesen. Beim Ball jonglieren, zu dem man in Oberstdorf die besten zehn des Weltcups aufforderte, machte er gegen Teamkollege Kraft keinen Stich.
Aber seine große Liebe war ohnehin immer die Schanze. Fast logisch eigentlich, dass er heute auch mit einer Frau liiert ist, die diese Liebe teilt: Die kanadische Skispringerin Alexandria Loutitt ist die Frau an Tschofenigs Seite.
Für das Fliegen stellte er alles hintenan. Wenn der Trainer rief, war Tschofenig da. Der Mann, so sagt sein Trainer Andi Widhölzl, ist ein akribischer Arbeiter. Wenn ihn etwas reizt, dann versucht er es so lange, bis er es kann. Und es deutet sich ja schon längere Zeit an, dass Tschofenig die vielleicht größte Zukunftsaktie des Österreichischen Skiverbandes ist. Im Vorjahr beendete er den Weltcup als Elfter.
Dass er von dort innerhalb eines Sommers zum derzeit wahrscheinlich weltbesten Skispringer aufstieg – zumindest seinen Trainer überrascht das nicht. Auch wenn die beiden derzeit konstantesten Athleten neben Routinier Stefan Kraft schon im Vorderfeld unterwegs waren, „wir haben eine harte Analyse gemacht, wo wir noch besser werden können“, wie Widhölzl sagte. „Und wir haben einen sehr kreativen Trainer- und Betreuerstab“, erklärte der Coach, „die sehr individuelle und vielseitige Programme entwickeln.“ Von alleine 15 Mitarbeitern, die am Material tüfteln, ganz zu schweigen. Vor allem bei den Anzügen und im Bereich der Bindung soll Rot-Weiß-Rot in der ersten Reihe stehen.
Tschofenig nimmt es gerne mit. Der neue Tourneekönig genießt den Augenblick und lässt seine Gedanken bestenfalls bis zum nächsten Sprung kreisen. Der wartet am Freitag, in Innsbruck. Der Rest, so sagt er „muss eh passieren“.
PATRICK REICHELT