Keine Horngacher-Diskussion

von Redaktion

Skisprung-Chefcoach weiter der richtige Mann – doch der Nachwuchs fehlt

Stefan Horngacher sucht unten im Nachwuchsbereich nach Talenten. © IMAGO

Bischofshofen – Skisprung-Bundestrainer Stefan Horngacher muss sich trotz des schwachen deutschen Abschneidens bei der Vierschanzentournee keine Sorgen um seinen Job machen. „Die Trainerfrage stellt sich im Moment für uns überhaupt nicht“, sagte DSV-Sportdirektor Horst Hüttel nach dem Abschlussspringen in Bischofshofen und verwies auf den „unbefristeten Vertrag“ des Österreichers. „Wir hatten in dieser Saison drei Leute auf dem Podium und sind als Nation im Moment die Nummer zwei der Welt“, sagte Hüttel: „Und auch wenn die Tournee fraglos enttäuschend war, gibt es überhaupt keine Trainerfrage.“

Während Österreichs Helden nach dem dramatischen Finale der Vierschanzentournee in die Partynacht starteten, suchten die enttäuschten DSV-Adler leise das Weite – mit Hausaufgaben im Gepäck. Das deutsche Skispringen benötigt dringend Lösungen. Kurzfristig vor der WM, langfristig in der offensichtlichen Nachwuchskrise.

„Wir denken nach vorne, werden in Ruhe analysieren und den Hebel richtig anlegen, um schnell wieder nach oben zu kommen“, sagte Bundestrainer Stefan Horngacher. Die bittere Tournee zeigte rund sieben Wochen vor der WM in Trondheim unbarmherzig die Defizite des deutschen Teams auf. Da ist das Mentale. „Wir sind mit dem Weltcup-Führenden und großen Ambitionen angetreten, dann aber in eine Überspannung gekommen“, sagte Horngacher. Die ganze Mannschaft, darunter Springer mit anderthalb Jahrzehnten Weltcup-Erfahrung, wirkte gehemmt – ganz anders als Österreichs Gute-Laune-Express um Tourneesieger Daniel Tschofenig.

In Tschofenig (22) sowie den knapp geschlagenen Jan Hörl (26) und Stefan Kraft (31) standen quasi drei Österreicher aus drei Skisprung-Altersgruppen auf dem Podest. Zwei weitere 22-Jährige – Maximilian Ortner und Markus Müller – mischten munter mit. Eine Rasselbande-Routinier-Melange: So etwas hat der DSV derzeit nicht.

„Das ist ein Thema, über das sich der Verband Gedanken machen muss“, sagte Olympiasieger Andreas Wellinger: „Wir brauchen mehr Junge, die uns Älteren von unten das Leben schwer machen. Das pusht gegenseitig.“ Es sagt viel, dass der 29-jährige Wellinger zu den jüngeren in der deutschen Kernmannschaft gehört. Pius Paschke (34), Karl Geiger (31), die zurzeit kriselnden Stephan Leyhe und Markus Eisenbichler (beide 33) – verdiente Athleten, die nun für Stillstand stehen. „Wir werden die Stellung halten. Aber ich hoffe, dass wir dann von den Jungen abgelöst werden“, sagt Geiger.

Es sei nicht so, dass absolute Toptalente fehlten, konstatiert Sportdirektor Hüttel: „Constantin Schmid hat acht Medaillen bei Junioren-Weltmeisterschaften gewonnen, Luca Roth vier, Philipp Raimund drei.“ Doch nur Raimund (24) sprang bei der Tournee, Schmid (25) und Roth (24) quälen sich im zweitklassigen Continental Cup. Dort wimmelt es von Austria-Rohdiamanten – der Druck nach oben ist ganz anders.

„Unser Kadersystem beginnt bei der U16“, sagt Hüttel, „wir sehen aber den Bereich der 13- bis 16-Jährigen als Schlüsselelement.“ Dort sind Landesverbände und Internate verantwortlich. „Wir sind uns der Thematik bewusst, müssen uns kritisch hinterfragen und da die besten zusammenholen.“ Die Zeit drängt, nach Olympia 2026 werde es einen Bruch geben. „Wir müssen mit Hochdruck daran arbeiten, junge Leute in diese Position zu kriegen, damit deutsches Skispringen erstklassig bleibt“, sagt Hüttel.

Also: Unten auf die Wende hoffen, oben zumindest bis 2026 weitermachen wie bisher. Das gilt auch für die Zusammenarbeit mit Horngacher.
SID

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