ZUM TAGE

Die richtige Debatte zur falschen Zeit

von Redaktion

Binden-Diskussion beim FC Bayern

Wenn es einen Verein gibt, der Diskussionen gewohnt ist, dann ist das der FC Bayern. Ständig gibt es kleine Störfeuer, und während sie gerade noch gelöscht werden, entstehen an anderer Stelle schon die nächsten. Zugegeben: Wir, die Medien, sind daran nicht unbeteiligt: Wer jahrzehntelang als bester deutscher Verein die Messlatte ganz hochhängt, muss bei den kleinsten sportlichen Krisen mit Kritik rechnen – der Fluch des ewigen Erfolgs.

Manchmal dringen von außen aber auch Vorstöße an die Säbener Straße, die die Verantwortlichen getrost ignorieren sollten. Dass Lothar Matthäus fordert, Joshua Kimmich zum Kapitän zum befördern, ergibt vielleicht auf den ersten Blick Sinn. Kimmich geht nicht erst in dieser Saison als Leader voran, ist ein Führungsspieler auf und neben dem Platz und zeigt außerdem beim DFB, dass er ein hervorragender Spielführer ist. Die Debatte kommt aber trotzdem zur Unzeit.

Kurz vor dem Liga-Start und nur ein paar Wochen, bevor in der Bundesliga und der Champions League die heiße Phase losgeht, würde sich der FCB mit einer Beförderung Kimmichs und vor allem der Herabsetzung Neuers eine völlig unnötige Baustelle schaffen, die so schnell nicht gelöst werden kann: Egal, wie Partien des Rekordmeisters ausgingen – jede Analyse vor und nach dem Spiel würde sich um Neuer und Kimmich drehen, womöglich sogar eine Fehde zwischen ihnen konstruiert werden. Wie Neuer auf Abwertungen des Vereins reagiert, hat er erst vergangenes Jahr nach dem Aus von Torwarttrainer Toni Tapalovic bewiesen. Kaum vorstellbar, dass er eine derartige Degradierung mitten in der Saison hinnimmt, ohne für sich und sein Kapitänsamt öffentlich einzustehen.

Und auch, wenn die Aussicht für Kimmich, Kapitän beim DFB und FCB zu sein, sicher verlockend ist: Max Eberl & Co. können sich dieses Argument besser für den Sommer sparen. Sollten Sie Kimmich jetzt die Kapitänsbinde verleihen, der Sechser lässt seinen Vertrag aber trotzdem auslaufen und wechselt den Verein, würde das den größtmöglichen Imageschaden für den Rekordmeister bedeuten.

Bis dahin funktioniert die aktuelle Aufteilung doch sowieso hervorragend: Neuer dirigiert zwischen den Pfosten, Kimmich geht auf dem Feld voran – die Bosse tun gut daran, an dieser Konstellation nicht unnötig zu rütteln.

Artikel 1 von 11