Hochbegabt wie Lukas Reich: Linksaußen Erdogan. © IMAGO
In den Startlöchern: Die Löwen-Talente Faßmanm, Lippmann, Althaus, Gevorgyan und Fuchs beim Test in Regensburg. © ulk
München – Zur Abwechslung mal positive Nachrichten vom TSV 1860. Nein, die angestrebten Verstärkungen lassen weiter auf sich warten. Auch der Umstand, dass Argirios Giannikis am heutigen 10. Januar exakt ein Jahr im Amt ist, dürfte nicht bei jedem Fan für Luftsprünge sorgen. Wie so oft ist es das bundesweit angesehene NLZ, das für einen Mutmacher sorgt, diesmal sogar in Verbindung mit dem Cheftrainer. Giannikis nämlich hat in der Hinrunde so viele Junglöwen eingesetzt, dass sein Verein nach der Hälfte der Saison einen Spitzenplatz im Nachwuchs-Ranking der 3. Liga belegt. Auf der Homepage des Tabellen-14. heißt es: „Aktuell liegt der TSV 1860 München im Ranking (…) auf dem zweiten Tabellenplatz und könnte sich daher zum aktuellen Stand auf einen hohen Auszahlungsbetrag freuen.“
Neben Raphael Ott, Tim Kloss und Sean Dulic war es vor allem Lukas Reich, der fleißig Einsatzminuten gesammelt hat, die vom DFB am Ende der Saison in bares Geld umgewandelt werden. Geld, das dem e.V. zugutekommt, der ja den Löwen-Teil an der Nachwuchsförderung schultert. Ott kam in der Hinrunde auf 111 Minuten (sieben Einsätze, inklusive Premierentor per Fallrückzieher), Kloss sammelte seine 241 Minuten (sieben Einsätze) vor allem zu Saisonbeginn, Sean Dulic seine 127 in den drei Spielen vor Weihnachten, als er für den verletzten Kapitän Jesper Verlaat ins Team rückte. Dauerbrenner der Junglöwen-Riege ist U 19-Nationalspieler Reich, der auf der rechten Abwehrseite kaum noch wegzudenken ist. Von 1710 möglichen Minuten machte der laufstarke Oberbayer 1355 mit (17 Spiele). Der Gymnasiast aus Reithofen steht exemplarisch für den Weg, den die Löwen unter der Leitung von Sportchef Christian Werner gehen wollen. Vertrag bis 2026, Stammplatz, sein Wert steigt und steigt. Werner zu unserer Zeitung: „Wir sind genau auf dem Weg, den wir zu Beginn meiner Amtszeit ankündigt haben. Unser erklärtes Ziel ist, dass wir wieder einer der Vereine sein wollen, der sich nicht nur über den Nachwuchs definiert, sondern auch sportlich und finanziell von der herausragenden Arbeit in unserem NLZ profitiert.“
Nur Haching hat in der Hinrunde mehr NLZ-Talente eingesetzt. Was möglich ist, wenn man auf den eigenen Nachwuchs baut, zeigte sich 2022/23. Damals – vor allem dank Leandro Morgalla – wanderten 650 000 Euro auf das Konto des e.V. Zum Vergleich: In der zurückliegenden Saison, als die eingesetzten Talente zwar Eigengewächse waren, aber nur teilweise für DFB-Teams spielberechtigt (u.a. Mansour Ouro-Tagba), waren es vergleichsweise bescheidene 110 000 Euro, also nur knapp ein Sechstel.
Jetzt jedoch steht bereits die übernächste Generationen in den Startlöchern. Seit Beginn der Rückrunden-Vorbereitung am 3. Januar dürfen sich fünf Juwelen aus der U 19 im Profitraining zeigen: Linksverteidiger Finn Fuchs, Rechtsverteidiger Clemens Lippmann, Innenverteidiger Lasse Faßmann und die beiden Sechser Samuel Althaus und Mike Gevorgyan. Die vier Erstgenannten wurden 2006 geboren, Gevorgyan, der schon bei den letzten vier Drittligaspielen im Kader war, 2005. Einer ist sogar dabei, der noch nicht mal auf der Welt war, als hierzulande die Sommermärchen-WM gefeiert wurde: Emre Erdogan. Der Linksaußen gilt als hochbegabt, ein Dribbler, dem intern ein Raketenstart nach Vorbild von Reich zugetraut wird. Erfreulich für 1860: Obwohl auch andere Vereine auf den Deutschtürken aufmerksam geworden sind, ist es Werner gelungen, Erdogan Anfang November bis Mitte 2027 an die Löwen zu binden.
Am Dienstag, beim Testspiel in Regensburg (1:2), waren alle sechs Lehrlinge dabei. Kurz vor Schluss hatte Giannikis sie schon an der Seitenlinie aufgereiht, verzichtete aber kurzfristig darauf, seine Ganzjunglöwen ins an diesem Tag sehr kalte Wasser zu werfen. Zumindest das Erdogan-Trikot durfte aber schon mal Profiluft schnuppern. Getragen wurde es ab der 67. Minute von Soichiro Kozuki. Wie es zu dieser Panne kam, ist nicht geklärt, aber Kozuki sollte sich dieses Trikot gut aufheben: Bringt Erdogan seine Anlagen voll zur Entfaltung, könnte es eines Tages mal viel wert sein.
ULI KELLNER