Schießtrainer Erik Lesser zeigt an, wo die Treffer liegen müssen. © IMAGO/Wukits
Oberhof – Erik Lesser, ehemaliger Biathlon-Profi aus Oberhof, verabschiedete sich 2022 von seiner aktiven Karriere – aber nicht aus der Öffentlichkeit. Zusammen mit seinem langjährigen Weggefährten Arnd Peiffer begeistert er seit über fünf Jahren mit dem Podcast „Das Biathlon Doppelzimmer“ und hat am Donnerstagabend erstmals vor 400 Zuhörern eine Folge live aufgezeichnet. Doch auch dem Biathlon bleibt Lesser als Schießtrainer am Stützpunkt in Oberhof erhalten. Im Interview erzählt er über eine unvergessene Erinnerung an Oberhof, revolutionäre Entwicklungen am Schießstand und die Herausforderungen eines Live-Podcasts.
Herr Lesser, wie viel Kontakt haben Sie zu ihrem Podcast-Kollegen Arnd Peifer außerhalb des Podcasts?
Regelmäßig. Wir sind über den Podcast hinaus sehr gut befreundet. Wenn er mit seiner Familie auf der Durchreise ist, dann halten sie bei uns immer.
Gab es zwischendurch mal Überlegungen. mit dem Podcasten aufzuhören?
Natürlich haben wir darüber gesprochen. Aber wir sind ja – Arnd ein Jahr früher als ich – zur ARD gewechselt. Ich glaube, die Einblicke in eine TV-Übertragung sind ganz interessant. Und ich als Trainer, er als Sportkoordinator bei der Bundespolizei haben noch einen nötigen Einblick in die ganze Sportszenerie.
Was ist größer? Die Anspannung vor dem Live-Podcast oder vor einem Massenstart?
Die Summe der Anspannung ist schon ähnlich, es ist nur anders. Denn jetzt kommt sowas auf uns zu, was wir eigentlich ja gar nicht gelernt haben und sicherlich auch gar nicht richtig können. Und das ist moderieren. Das ist, was mich unter Spannung bringt, weil ich möchte auch den 400, die vor Ort sind, wirklich eine gute Show bieten. Davor habe ich schon Respekt.
Als Schießtrainer am Stützpunkt in Oberhof: Was sagen Sie zu Martin Uldal, der das Stehendschießen auf ein neues Niveau gehievt hat?
Ich habe höchsten Respekt vor der Idee, so in den Anschlag zu gehen. Die Magazine an der anderen Seite zu haben, dann alles mit der anderen Hand zu machen. Auf die Idee bin ich selbst gar nicht gekommen. Selbst wenn er sich Zeit lässt zwischen den Schüssen, kommt keiner mit dem konservativen Ansatz nur ansatzweise ran.
Macht es also Sinn, dieses System zu kopieren?
Da sollte man sich schleunigst Gedanken machen. Und das gehört auch zu mir meinem Aufgabenbereich, mit unserem Waffenbauer zu sprechen. Es wäre ja fatal, das nicht schnellstmöglich zu kopieren. Aber es ist ein hoch komplexes Thema und beschäftigt mich. Vielleicht muss man noch Adaptionen finden, um das für sein System am besten umzusetzen.
Und das alles im Sommer vor Olympia …
Am Schießen ändert sich ja nichts, es ändert sich ja nur der der Weg zum ersten Schuss. Und das muss man dann einfach zielstrebig im Training umsetzen. Im April den Schaftbau durchführen und im Mai mit dem Training beginnen.
Aktuell macht der Weltcup Station in Ihrer Heimat. Welche Erinnerung an Oberhof kommt Ihnen als erstes in den Sinn?
Die Erinnerung, die mir immer in den Kopf kommt, ist natürlich das Doppel-Podium. Doppelsieg von Schemp und Lesser 2017. Das ist weiter noch sehr, sehr präsent. Das war ein ganz schwieriger Massenstart, bei dem ich erst in der letzten Runde so richtig eingegriffen habe ins Podest-Rennen.
Sportlich dominieren die Norweger bei den Männern. Bei den Frauen läuft es aktuell nicht wirklich. Haben Sie dafür eine Erklärung?
Vielleicht würde man gar nicht drüber diskutieren, wenn Ingrid Landmark Tandrevold da wäre. Es fällt jetzt gerade nur auf, weil die Beste fehlt. In den Zeiten von Laura Dahlmeier oder Denise Herrmann-Wick sah man auch immer die tollen Einzelergebnisse, aber im gesamten Team sah es in Deutschland nicht ganz so toll aus. Also da darf man sich nicht blenden lassen. Und bei den Norwegerinnen war es ja die letzten Jahre immer so, dass eine oder vielleicht zwei wirklich richtig gut waren.
Sie bekommen mit reichlich Verspätung noch eine olympische Goldmedaille für die Männer-Staffel in Sotchi 2014. Wie würden Sie sich die Zeremonie wünschen?
Auf jeden Fall mit all den Beteiligten, die damals mit vor Ort war und mit ihnen eine schöne Veranstaltung haben.
INTERVIEW: A. VORMSTEIN