„Aussehen wie ein Helikopter? Nicht so stylish“

von Redaktion

Snowboarder Vicktor über seine Podest-Erlösung und Sprünge mit fünffacher Schraube

Bei seinem 10. Weltcup-Einsatz landete Vicktor vergangenes Wochenende in Laax erstmals auf dem Podest.

Seit zehn Jahren im Verband: Noah Vicktor. © Hoppe/dpa

München – Im 19. Anlauf hat es am Sonntag endlich geklappt. Snowboarder-Slopestyler Noah Vicktor hat im schweizerischen Laax als Dritter das erste Weltcup-Podium seiner Karriere eingefahren. Dabei hat er unter anderem in Markus Kleveland und Su Yiming einen Weltmeister und einen Olympiasieger hinter sich gelassen. Doch das soll noch nicht das Ende sein, wie der 23-Jährige im Interview verrät.

Noah, Sie sind seit 2018 im Weltcup – jetzt die erste Podestplatzierung. Eine Erlösung?

Was heißt eine Erlösung? Ich habe immer gesagt, bevor ich meine Karriere als Profi beende, muss ich auf jeden Fall einen Podestplatz reingefahren haben. Lange schien das unerreichbar zu sein. Aber dann haben wir uns das Trickniveau bei dem Contest angeschaut – und irgendwie hat es dann Klick gemacht.

Laax soll ja Ihr Lieblings-Contest sein. Was bedeutet es Ihnen, genau dort den Bann gebrochen zu haben?

Ja, das bedeutet mir mega, mega viel. Ich meine, die Laax Open sind für mich neben den X-Games der größte Contest zum Snowboarden. Es ist auch der größte Weltcup – mit außergewöhnlichen Kursen, die ein bisschen schwieriger zu fahren sind. Genau das ist es, was es für mich so besonders macht.

Für Platz drei hat in Laax ein Sprung mit viereinhalbfacher Drehung gereicht, ein Backside 1620. Warum haben Sie den Backside 1800 Melon zurückgehalten, den Sie im Herbst als erster deutscher Snowboarder uraufgeführt haben?

Ich habe den Backside 1800 in China gemacht, bei einem Big Air. Die Jumps sind im Slopestyle ein bisschen kleiner, und du hast da noch einen ganzen Lauf vor dir. Das muss vom Ablauf her alles zusammenpassen.

Helicopter-Mann hat Sie der BR daraufhin getauft. Stolz auf diesen Spitznamen?

Naja. Bei uns Freestyleern ist ja auch der Faktor Style wichtig, und auszusehen wie ein Helikopter, ist eher nicht so stylish… Trotzdem find ich den Spitznamen witzig, ich nehme das mit Humor.

Im November, bei der Saisoneröffnung, sprachen Sie von den großen Zielen Schweiz-WM im März und Olympia 2026. Fühlen Sie sich jetzt schon gerüstet?

Auf jeden Fall. Ich fühle mich derzeit so gut auf meinem Brett wie noch nie. Ich hatte auch die beste Vorbereitung, seit langer Zeit – fast schon zu gut, um wahr zu sein. Wir hatten so viele Camps, wo das Wetter einfach perfekt war. Ich hab den WM-Kurs vor einem Jahr schon mal gesehen, der schaut recht witzig aus, ähnlich interessant wie der in Laax. Ich fühle mich auf jeden Fall gewappnet.

Wenn man sich Ihre Platzierungen anschaut, scheint Ihnen Slopestyle mehr zu liegen als der Big Air. Was ist der Grund?

Meiner Meinung nach ist Big Air eine Disziplin, die nicht ganz so viel mit dem reinen Können von einem Snowboarder zu tun hat. Big Air ist sehr viel, wie fühlt man sich in der Luft, wie schnell kann man sich drehen. Und man fährt einfach nur gerade auf einen großen Sprung zu. Slopestyle ist ganzheitlicher. Wenn du die Tricks kannst, aber einfach in den kleinen Räumen, wo du zwischen Rails und Jumps bist, die Kante falsch legst, dann kann dein Rennen ganz schnell zu Ende sein. Ich glaube, da zeichnen sich die guten Snowboarder aus. Mir persönlich macht Slopestyle einfach viel mehr Spaß, wenn man den ganzen Lauf hat und nicht nur einen einzelnen Sprung.

Welchen Anteil an Ihrem Erfolg hat das Landing Bag, das Snowboard Germany und CSD letzten Sommer eingeweiht hat?

Natürlich macht es einen Riesenunterschied, dass wir dieses Landing Bag jetzt haben. Ich habe schon einige Tage auf dem Landing Bag verbracht, obwohl es eigentlich erst gestanden ist, wo wir schon wieder im Schnee wieder waren. Aber ich bin trotzdem immer wieder draufgegangen. Zum Beispiel diesen 1620-Jump von Laax – den hatte ich genauso in Berchtesgaden trainiert, mit dieser Variation an Grabs. Und dann ist er aufgegangen. Da sieht man, wie schnell es gehen kann, dass sich das Landing Bag auszahlt. Wir sind alle sehr froh, dass wir jetzt auch sowas zu Hause haben.

Das heißt, auf das deutsche Freestyle-Snowboarden kommen rosige Zeiten zu?

Das will ich hoffen, ja. Wir haben ein paar coole Nachwuchstalente, die gerade richtig Gas geben. Ich denke, die nutzen das alle sehr, sehr aus, was sie da oben haben an der Schule. Wir können uns freuen auf die Zukunft im Slopestyle und Big Air.

Zum Abschluss vielleicht noch eine WM-Ansage. Ist auch in St. Moritz eine Medaille das Ziel?

Eine Medaille wäre natürlich der Wahnsinn .Ich sage mal, mein Ziel ist immer erst mal das Finale. Also immer Step für Step denken, bevor man sich schon auf dem Podium sieht. Sonst geht das meistens schief. Aber natürlich: Wenn man es ins Finale geschafft hat, ist natürlich das Ziel, Podium zu fahren. Genauso wie in Laax werde ich es auch wieder in St. Moritz angehen, taktisch klug anzugehen. Und dann schauen wir mal, was am Ende bei rauskommt.


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