ZUM TAGE

Sahin – das nächste Opfer in Dortmund

von Redaktion

Nuri Sahin. © Sasso/dpa

So eine Trennung kann auch etwas Befreiendes haben – und das beste Beispiel dafür war einst Hasan Salihamidzic. Als der FC Bayern dem BVB vor eineinhalb Jahren in allerletzter Sekunde die Meisterschaft weggeschnappt hatte, der Sportvorstand aber trotzdem entlassen wurde, merkte man ihm die Erlösung mit jedem Wort an. Brazzos Augen leuchteten, seine Stimme war ruhig. Endlich ein Schlussstrich, endlich Klarheit: So oder so ähnlich wird auch Nuri Sahin in der Nacht zum Mittwoch gedacht haben, als sein Projekt als Heilsbringer beim BVB mit dem Stempel „gescheitert“ versehen wurde.

Der nächste ist also Geschichte im wilden Westen, als bereits siebter Trainer nach Jürgen Klopp hat Sahin spüren müssen, dass sich die angebliche zweite Kraft im deutschen Fußball nach und nach selbst zerstört. Für den 36-Jährigen waren die Entwicklungen der vergangenen Wochen ein bedauerliches Einzelschicksal. Und trotzdem lohnt es sich schon an Tag eins nach der Entlassung nicht mehr, die Fehler beim Novizen auf der Trainerbank zu suchen. Wenn ein Verein es schafft, Eigengewächse (Sahin, Edin Terzic) wie Hochkaräter (Thomas Tuchel, Lucien Favre), Aufstrebende (Peter Bosz, Marco Rose) wie Feuerwehrmänner (Peter Stöger) zu verlieren, liegt der Fehler im System.

Vielleicht haben kurzzeitige „Erfolge“ wie der Fast-Titel 2023 und der Einzug ins Champions-League-Finale 2024 die Probleme für kurze Momente überstrahlen können. Sie sind aber tief gelagert und werden auch mit den nächsten Mann an der Seitenlinie nicht kleiner werden. Im Laufe dieser Saison kann es nach dem verpassten Kompensieren hochkarätiger Abgänge wie Maatsen, Hummels, Reus und Sancho nur noch um Schadensbegrenzung gehen. Deutlich dringlicher aber ist eine Neuausrichtung auf höheren Ebenen.

Die Philosophie, günstig einzukaufen und teuer zu verkaufen, geht seit Jahren zulasten des Ziels, eine homogene, gemeinsam gewachsene Mannschaft aufs Feld schicken zu können, die die historische Favoritenrolle selbstbewusst annimmt. Dazu ein Führungsstab, der auf dem Papier kompetent klingt, sich in Wahrheit aber selbst zerfleischt – und das Ergebnis ist nicht mehr als Mittelmaß. Das Stichwort Salihamidzic ist da gar kein schlechtes. In München hatte man 2023 im Vergleich zum BVB heute Luxusprobleme. Aber man hat die richtigen Konsequenzen gezogen. Befreiend für alle.

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