Zverev jagt den Größten

von Redaktion

Vor dem Halbfinale gegen Djokovic haben die Psychospiele schon begonnen

Duell der Giganten: Alex Zverev (li.) und Superstar Novak Djokovic. © David Gray/AFP

Melbourne – Alexander Zverev und Novak Djokovic teilen ein gemeinsames Hobby. „Sechs, sieben Stunden“, erzählte Zverev in Melbourne, hätten sie sich auf einem Flug einst über das Universum unterhalten. Die kosmische Männerfreundschaft zwischen den beiden Tennis-Assen, die bei den Australian Open immer wieder durchschien, sie wird am Freitag allerdings für ein paar Stunden ruhen.

Auf Zverev wartet im Halbfinale gegen den „Größten aller Zeiten“, wie er seinen Gegner selbst nennt, die maximale Herausforderung – vor allem auf der mentalen Ebene. „Wenn ich es körperlich irgendwie schaffe, werde ich so motiviert sein wie ich nur kann“, warnte Djokovic im Vorfeld der Partie gegen den Weltranglistenzweiten, der in Melbourne endlich seinen Grand-Slam-Fluch besiegen will.

Zverev sollte diese „Drohung“ ernst nehmen; auch wenn Djokovic laut eigener Aussage eines der „epischsten Matches“ in der Rod Laver Arena jemals in den Knochen hat – und bei seinem Viersatzsieg über Carlos Alcaraz am Dienstag auch noch körperliche Probleme offenbarte.

Er sei „ehrlich besorgt“, sagte Djokovic im Anschluss. Doch auch gegen Alcaraz schien der Serbe teilweise kaum laufen zu können, nur um sich dann, wohl auch mit der Hilfe von Schmerzmitteln, reinzubeißen in die Partie.

Der 37-Jährige macht auf der Jagd nach seinem 25. Grand-Slam-Titel, mit dem er sich auch geschlechterübergreifend zum alleinigen Rekordsieger aufschwingen würde, keine Kompromisse. Djokovic wirkt teils wie besessen vom Erfolg; und er ist dabei seit zwei Wochen ordentlich auf Krawall gebürstet. Beispiele gefällig?

Vor Turnierbeginn erschien ein Interview in der GQ, in dem Djokovic behauptete, während seines unfreiwilligen Festsitzens 2022 in Australien durch Schwermetalle in der Nahrung „vergiftet“ worden zu sein. In der dritten Runde dann lieferte er sich mal wieder einen Kleinkrieg mit einem Fan.

Dass sich Djokovic mit seinem Coach Andy Murray noch nicht in die Haare bekommen hat, erscheint da fast überraschend. Denn auch für Ausfälle gegen die eigene Box ist er ja bekannt. Doch für seinen einstigen Rivalen, der ihn seit Kurzem als Trainer begleitet, hat er nur warme Worte übrig. „Ich fühle mich mit Andy jeden Tag mehr und mehr verbunden“, sagte Djokovic nach dem Alcaraz-Coup.

Die nächste Aufgabe auf dem gemeinsamen Weg heißt Zverev. Den bezeichnete der Olympiasieger am Dienstagabend als „supergefährlich“, auch wenn Djokovic in den bisherigen drei Grand-Slam-Duellen stets die Oberhand behielt. Bei allen Nebenkriegsschauplätzen ist sich Zverev jedenfalls bewusst, dass Djokovic immer in der Lage ist, ein Match zu gewinnen. Mit seinen berüchtigten Psychospielchen hat er schon so manche körperliche Unterlegenheit wettgemacht. Und das Verbalduell hat längst begonnen. Zverev und er hätten einen Deal, scherzte Djokovic in Melbourne: „Solange ich spiele, lässt er mich Grand-Slam-Matches gewinnen.“
SID

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