Jacobsen rettet Glöckner-Premiere

von Redaktion

Löwen legen Rucksack erst nach Stuttgarts Führung ab – Viel Luft nach oben

Lange Verletztenbank: Fabian Schubert (von links), Tim Danhof, Jesper Verlaat, Raphael Schifferl, Lukas Reich. © IMAGO

Das war noch nix: Trainerdebütant Patrick Glöckner sah zumindest kämpfende Löwen. © IMAGO

München – Kurz nachdem er den Ball aus dem Netz geholt hatte, stellte Marco Hiller fest, dass sich etwas verändert hat. Auf der berühmten Tafel hinter ihm wurde das 1:0 für den „Gast“ aus Stuttgart angezeigt, doch vor ihm sah er bald: Aufrechte Körper, rudernde Arme, die signalisierten: Weiter geht‘s! Ganz anders als eine Woche zuvor in Saarbrücken, als sich die Löwen nach dem 0:1-Rückstand in ihre Einzelteile aufgelöst hatten (Endstand 0:4). „Ich denke, es ist ein super Zeichen, dass wir diesmal trotzdem noch den Punkt holen“, sagte Hiller. Jeder sei bereit gewesen, über die Frustrationsgrenze „rüberzugehen“ – allen voran Thore Jacobsen, der mit einem strammen Schuss in den Giebel die Trainerpremiere von Patrick Glöckner rettete (68.). „Spätestens nach dem 1:1“, räsonierte die alte und neue Nummer 1, „war dann eigentlich keine Verunsicherung mehr da.“

Das deckt sich in etwa mit der Traineranalyse, die nach dem Spiel erstmals vom unter der Woche verpflichteten Glöckner vorgenommen wurde. „Ich bin mit dem Punkt sehr zufrieden – und auch mit der kämpferischen Leistung“, sagte der Giannikis-Nachfolger. Offensiv hätte sein Team „erst nach dem 1:1 stattgefunden“, sich 57 Minuten lang eher auf die Defensive beschränkt. „Ich muss meiner Mannschaft zugutehalten, dass sie sich wirklich in jeden Ball reingeschmissen hat. Wir wollten mit viel Mentalität und Laufleistung dagegengehalten – das haben wir getan. Und mit dem 1:1 ist es uns gelungen, den schweren Rucksack ein bisschen abzuwerfen.“

In diesem Rucksack, der die verunsicherten Löwen eine Stunde lang belastete, steckte noch (zu) viel Giannikis-Fußball. Viel also von dem, was die Fans zuletzt in Scharen vergrätzt hatte. Beim Spaziergang von Laurin Ulrich zum 0:1 (57.) stand die halbe Mannschaft schlafmützig Spalier. Und die völlige Absenz eines durchdachten Angriffsspiels sorgte auch in neuer Zusammensetzung – Deniz auf der Zehn, Guttau links, Schröter rechts hinten – für Unmutsbekundungen von den Tribünen. „Es hilft keiner Mannschaft weiter, wenn so früh Pfiffe kommen“, tadelte Morris Schröter den ungeduldigen Anhang und merkte an: „Nur weil ein Trainerwechsel kommt, wird nicht alles innerhalb von ein paar Tagen funktionieren, ist doch klar.“ Auch die Klasse des Gegners sei zu berücksichtigen: „Einige von den Stuttgarter Jungs sieht man dienstags oder mittwochs in der Champions League.“ Für ein Fazit, meinte Schröter, „sollte man uns ein, zwei Wochen Zeit geben“. Aber nach Saarbrücken, fand er, „war es doch ein Schritt nach vorne“.

Auch Neuzugang Philipp Maier, der viel Mentalität einbrachte, sprach von einem ausbaufähigen Debüt, was die Mannschaft betrifft, das Gesamtgefüge, aber auch ihn selbst. „Schwerstarbeit“ seien die 90 Minuten gewesen, sagte der Ex-Ulmer: „Viele neue Abläufe, Trainerteam neu, alles neu. Ich finde aber, man hat gesehen, dass wir gekämpft haben. Ich bin der Meinung, es kann immer mal passieren, dass du über einen Ball drüber haust oder ein Pass nicht ankommt. Aber was in der 3. Liga nicht verhandelbar ist, das sind Einsatz, Leidenschaft und Wille. Ich will da mit gutem Beispiel vorangehen. Dass noch nicht alles geklappt hat, ist, glaube ich, normal.“

Besserung erhoffen sich alle Beteiligten von der anstehenden Trainingswoche, die nur einen Nachteil hat: Sie steuert geradewegs auf das Spiel bei Viktoria Köln zu (Samstag, 16.30 Uhr), der Mannschaft der Stunde in der 3. Liga (fünf Siege in Folge). Können die Löwen da in der aktuellen Verfassung bestehen? Hiller nimmt es, wie es kommt. „Ich denke, mal als Underdog nach Köln zu fahren, ist auch nicht schlecht“, sagte er. Schröter, der Realist, stellt sich vorsorglich auf beschwerliche Wochen im Abstiegskampf ein: „Alles andere wäre utopisch, weil am Ende des Tages muss man erst mal die 43 oder 45 Punkte holen, dass man sagen kann, man ist gesichert.“ Glöckner, der Hoffnungsträger auf der Trainerbank, sieht es so: „Wir müssen kompromissloser Fußball spielen, hinten Männerfußball und kein klein-klein.“ Alles im Sinne des großen Ziels – dem Klassenerhalt am 17. Mai.
ULI KELLNER

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