Sinner: Australian-Open-Sieger und Nummer eins.
Fairer Sieger: Jannik Sinner tröstete seine Kontrahenten vor der Siegerehrung. © IMAGO/Bach, West/AFP
Erste Reaktion nach der Pleite. © IMAGO/Carrett
Anschauen, aber nicht anfassen: „Es nervt“, sagte Alexander Zverev nach seiner nächsten Finalniederlage. © Gray/AFP
Melbourne – Alexander Zverev applaudierte an den richtigen Stellen, er hielt die Silberschale für den Finalverlierer bemüht würdevoll in seinen Händen – und doch wirkte er wie weggetreten. Nach der dritten schmerzhaften Niederlage in seinem dritten Grand-Slam-Endspiel durchdrang die Enttäuschung seinen Körper mit voller Wucht – und brachte ihn dazu, sich selbst zu geißeln. „Danke an mein Team“, sagte Zverev nach der Siegerehrung mit leerem Blick: „Wir machen alles richtig. Aber ich bin einfach nicht gut genug.“
Die Final-Historie des 27-Jährigen ist um ein ganz bitteres Kapitel reicher – weil er dieses Mal, beim 3:6, 6:7 (4:7), 3:6 gegen Triumphator Jannik Sinner, völlig chancenlos war. „Es ist einfach ätzend, dass ich jetzt so dicht hier am Pokal stehe“, sagte Zverev nach der höchst einseitigen Partie gegen „Fenomeno Sinner“ (Gazzetta dello Sport), den Weltranglistenersten und Titelverteidiger.
„Ich habe gehofft, dass ich heute ein besserer Gegner sein kann, aber du bist zu gut, so einfach ist das“, ergänzte Zverev mit gequältem Lächeln in Richtung Sinner, der zuvor versucht hatte, den zu Tränen aufgelösten Hamburger ein wenig aufzumuntern. Es gelang nicht, weil das schmerzhafte Warten auf die Erlösung des Deutschen auch in Melbourne kein Ende nahm.
„Ich werde alles dafür tun, eine Trophäe irgendwann hochzuhalten. Ich möchte meine Karriere nicht als der beste Spieler aller Zeiten beenden, der keinen Grand Slam gewonnen hat“, erklärte der Hamburger später bei der Pressekonferenz trotzig. Und doch, das mag Zverev am Sonntag in Melbourne durch den Kopf gegangen sein, werden seine Chancen immer weniger.
36 Mal hat es der ewige Hoffnungsträger nun schon versucht, bei einem der vier wichtigsten Tennisturniere seine Karriere zu krönen – 36 Mal ist er gescheitert. Boris Becker bleibt auch fast genau 29 Jahre oder 10.592 Tage nach seinem Triumph an gleicher Stelle der letzte deutsche Major-Sieger – auch, weil Zverev auf der größtmöglichen Bühne erneut nicht an sein Leistungsmaximum herankam.
Sinner zog ihm mit seinem fehlerarmen Spiel den Zahn. Er ließ in gut zweieinhalb Stunden Spielzeit keinen einzigen Breakball zu und brach Zverevs Widerstand spätestens mit einem bedeutenden Netzroller gegen Ende des zweiten Satzes. Der abgezockte Italiener krallte sich damit im dritten Grand-Slam-Finale seinen dritten Titel und zementierte seine komfortable Spitzenposition in der Weltrangliste. Im vergangenen Jahr hatte Sinner bereits in Melbourne und bei den US Open gewonnen – nun sicherte er sich auch bei den Australian Open 2025 das Sieger-Preisgeld von rund zwei Millionen Euro.
„Ein harter Tag für dich. Du bist ein fantastischer Spieler“, versuchte Sinner im Anschluss, dem vier Jahre älteren Zverev Trost zu spenden: „Ich glaube weiter an dich, wir wissen, wie stark du bist als Spieler und als Person. Du wirst so einen Pokal auch bald hochhalten können.“
Echte Hoffnung kam für Zverev auf unschöne Weise nur kurz auf, als sich Sinner nach einem Rutscher den bereits im Halbfinale lädierten linken Oberschenkel hielt. Trotzdem wirkte der vier Jahre jüngere Mann aus Südtirol (23) auch in der entscheidenden Phase des zweiten Satzes wie der reifere Spieler – und hatte das nötige Glück. Nach einem vorentscheidenden Netzroller im Tiebreak konnte Sinner die Silber-Trophäe in der Ecke der Courts schon deutlich vor Augen sehen, der fassungslose Zverev drosch mit dem Schläger mehrfach auf seine Tasche ein.
„Sinner hat sein bestes Match im Finale gezeigt, Sascha eben nicht“, analysierte Becker bei Eurosport: „In einem Grand-Slam-Finale musst du auch die mentale Stärke haben, dein Spiel umzusetzen.“
SID