Ist es gefährlich, sich kopfüber von einer Klippe zu stürzen oder von einer Skisprungschanze? Ja, ist es. Trotzdem kommen Leute, die diese Sportarten betreiben, selten zu Schaden. Nicht nur, weil sie wissen, was sie tun, sondern weil sie ihrer Tätigkeit in einem relativ gut geschützten Raum nachgehen. Klar, Restrisiken durch den Einfluss der Natur gibt es immer: den unerwarteten Wellengang, die Windböe.
Der wahrhaft gefährlichste Sport der Welt ist einer, den viele betreiben: Radfahren. Eine Alltäglichkeit mit niedrigschwelligem Übergang in den Sport. Man kauft sich ein schnittiges Gerät dafür, Schuhe, die an den Pedalen einklicken, eine Hose mit Einsatz, ein Trikot mit Taschen, Helm, Brille – schon kommt man dem Set-Up eines Radprofis nahe. Der Sport aus dessen Sicht betrachtet: Es ist einer, den er mit den Amateuren und Hobbyfahrern teilt, denn der Trainingsalltag findet statt im öffentlichen Raum. Einen gefährlicheren Ort gibt es nicht.
Der Profi-Radsport leidet unter seinen Unfällen. Und es sind nicht nur die im Wettkampf. Zu viel ist geschehen abseits der Rennen. Es häufen sich die Berichte von Kollisionen auf den Straßen, meist ist es ein Auto, das das Rad erwischt. Wie voriges Jahr bei Lennard Kämna auf Teneriffa, bei Paracycler Michael Teuber auf Lanzarote oder jetzt den Bahnradfahrern im Straßentraining auf Mallorca. Doch es passiert genauso in heimischen Revieren: Die Karriere des Junioren-Weltmeisters Marco Brenner wurde dadurch beeinträchtigt, dass ihn ein Traktor erwischte und ihm das Bein aufschlitzte. Das Rad ist immer der schwächere Part, und wer auf ihm sitzt, hat keine Knautschzone.
Der Konstellation sind leider alle ausgeliefert, die sich diesem Sport berufsmäßig verschrieben haben. Es gibt kein Ausweichen. Wer im Jahr bis zu 20000 Trainings-Kilometer abspult, dem wird das Radwegenetz nicht genügen. Kann man dann aber wenigstens die Rennen sicherer machen? Nur bedingt: Es wird immer Massensprintentscheidungen geben und im Verlauf von oft über 200 Kilometer Streckenlänge Stellen, die durch unvorhersehbare Dynamiken Tücken entwickeln. Und Abfahrten sind Abfahrten.
Die Leichtgängigkeit einer Rennmaschine ist ein erhebendes Gefühl, ihr Surren ein wunderbares Geräusch. Doch in fast jedem Moment ist der Radsport potenziell tödlich.