Domagoj Duvnjak: euphorisch © Damir Sencar/AFP
Zagreb – Mit der Schlusssirene brach in der Zagreb Arena der Wahnsinn los. Nach dem Sieg gegen Ungarn mit 31:30 (16:16) sprintete das kroatische Handballteam quer über das Spielfeld, Nationaltrainer Dagur Sigurdsson schrie vor Freude, etliche Spieler und Fans brachen in Freudentränen aus – und Domagoj Duvnjak? Der schlug völlig fassungslos die Hände über dem Kopf zusammen.
„Ich habe keine Ahnung, wie wir da durchgekommen sind“, sagte Kroatiens Kapitän vom THW Kiel und sprach von „einem der verrücktesten Spiele meiner Karriere“.
Die Ungarn zeigten sich in der hitzigen Atmosphäre in Zagreb furchtlos. Nachdem sie anfangs zurückgelegen hatten, drehten sie auf und erspielten sich im zweiten Durchgang teilweise einen Vier-Tore-Vorsprung. Fünf Minuten vor dem Ende holte Kroatien aufgepeitscht von 15.600 ekstatischen Zuschauern Tor um Tor auf und gewann einen Wimpernschlag vor Ablauf der Zeit. Torhüter Ivan Pesic glänzte mit starken Paraden, Marin Sipic machte unmittelbar vor Schluss das entscheidende Tor.
„Das Ende des Spiels war unglaublich, da sind magische Dinge passiert“, sagte Kroatiens Trainer Sigurdsson. Der Isländer, der die deutschen Handballer 2016 sensationell zum Europameistertitel geführt hatte, konnte es kaum glauben: „Sowas passiert einmal alle zehn Jahre.“
Die Kroaten um Bundesligastar Duvnjak kämpfen nun um den zweiten WM-Titel für ihr Land nach 2003. Gegner im ersten WM-Halbfinale seit 2017 wird am Donnerstag (20.30 Uhr/Sportdeutschland.tv und Eurosport) Frankreich sein, Vizeweltmeister von 2023. Auch dieses Spiel wird in Zagreb stattfinden, erst für die Partie um Platz drei oder das Finale geht es weiter nach Oslo.
Die Franzosen besiegten am späten Dienstagabend ebenfalls auf den allerletzten Drücker Ägypten mit 34:33 (18:14). 0,3 Sekunden vor dem Ende traf Luka Karabatic vom Mittelkreis ins leere Tor. Die Ägypter waren volles Risiko gegangen und mit sieben Feldspielern auf der Platte, um den späten Ausgleich zu erzielen. Das schafften sie – doch um Bruchteile von Sekunden zu früh. Bei den Afrikanern flossen Tränen der Enttäuschung.
Duvnjak, bei dem wegen seiner Wadenverletzung in der Vorrunde bereits das WM-Aus prognostiziert worden war, darf dank des „totalen Wahnsinns“ von Zagreb weiter von einem goldenen Abschied aus der Nationalmannschaft träumen. Der 36 Jahre alte Rückraumspieler hatte vor der WM angekündigt, sein letztes Turnier für Kroatien zu spielen.
Duvnjak, Welthandballer von 2013, ist Rekordspieler und Rekordtorschütze seines Landes, er stand mit Kroatien in drei EM-Endspielen und in einem WM-Finale (2009) – ein Titel mit der Nationalmannschaft blieb ihm aber verwehrt. Bis jetzt.