Noch nicht angekommen: Ex-Viktoria-Profi Philipp, bei 1860 meist nur Joker. © Imago
Dauerbrenner: Vrenezi, auch er Ex-Löwe, versäumte in Köln nur ein Punktspiel. © Imago
Schon 13 Saisontore: Nummer zwei gelang Ex-Löwe Güler im Hinspiel (per Elfmeter zum 1:3-Endstand). © IMAGO
München – Langjährige und folgerichtig leidgeprüfte 1860-Fans wissen genau, wie es am Samstag laufen wird: Im Auswärtsspiel bei Viktoria Köln werden die Löwen eine Zeit lang gut mithalten (Trainereffekt) – bis ER vor dem Tor von Marco Hiller auftaucht: Serhat-Semih Güler. Seinen 14. Saisontreffer wird der verlorene Sohn selbstverständlich gegen die alten Kumpels erzielen. Albion Vrenezi, der andere Ehemalige, legt vielleicht noch das 2:0 drauf. Tschö, Löwen! Wetten, dass schon Wetten auf genau diesen Spielverlauf laufen?
Das Kreuz mit den „Ex“. War es nicht schon immer so, dass die beim Wiedersehen treffen? Siehe Aue (Jakob, Bär). Siehe Osnabrück (Zwarts). Siehe das Hinspiel gegen Köln (Güler). Womöglich ist es nur eine gefühlte Wahrheit, und natürlich bleiben eher Beispiele hängen, wo Ex-Spieler in neuer Umgebung aufblühen, aber Murphy‘s Law, dass passieren wird, was passieren muss – es muss bei einem Aufenthalt des US-Ingenieurs in München-Giesing formuliert worden sein. Oder hat Wolfram gegen Verl getroffen, Kwadwo gegen Dresden, Schifferl gegen Haching? Den Gegenbeweis, dass es auch in die andere Richtung klappen kann, hat in dieser Saison nur Patrick Hobsch angetreten – bei seinem Führungstreffer in Haching, der natürlich nicht zum Sieg gereicht hat.
Aber zurück zu Güler, Vrenezi & Co. Es ist schon erstaunlich, wie zwei Spieler auftrumpfen, die bei 1860, man muss das so hart sagen, kläglich gescheitert sind. Güler, vor einem Jahr für eine Ablöse (!) aus Rostock gekommen, hat nie eine echte Chance bekommen; man sagt, das alte Trainerteam habe nicht viel mit dem als nicht ganz pflegeleicht geltenden Stürmer anfangen können. Und Vrenezi – anfangs lief es noch halbwegs, als ihn die Löwen aus der Konkursmasse von Türkgücü befreiten. Doch kaum ließ er sich die Rückennummer 10 geben, auf der bekanntlich ein Fluch lastet (noch so ein Gesetz)– schon war der Edeltechniker unsichtbar auf dem Platz. Güler kam bei 1860 auf gerade mal 106 Einsatzminuten, ehe er innerlich kündigte. Auch Vrenezi glückte in seiner zweiten Löwen-Saison kein einziger Treffer (bei 28 Einsätzen); zu allem Unglück hatte er auch bei der Totopokal-Blamage in Pipinsried seine Füße im Spiel (Elfer verschossen). Unehrenhaft entlassen – so muss es sich für beide angefühlt haben, als es für sie in München zu Ende ging. Köln griff dankbar zu – vielleicht auch aus Trotz, weil ihnen Sportchef Christian Werner frühzeitig den offensiven Mittelfeldspieler David Philipp weggeschnappt hatte.
Dass der im Löwen-Trikot (noch) nicht so recht zündet, ist keine allzu große Überraschung. Aufgrund seiner Verletzungshistorie galt Philipp als „Risiko-Transfer“. Mit seiner Bilanz – zwei Torbeteiligungen bei 19 eher kurzen Einsätzen – kann der feine Techniker nicht zufrieden sein. An den Adduktoren liegt es nicht, Philipp ist schon länger schmerzfrei. Eher an einem Phänomen, das der Ex-Rostocker Morris Schröter kürzlich beschrieb. „Es ist schon speziell hier. Das kriegt, glaube ich, jeder mit, der hier herkommt. Bei dem einen klappt es besser, bei dem anderen weniger.“ Schröter bezog sich auf die Fans, den Druck, die unerfüllbaren Erwartungen. Güler und Vrenezi kann‘s egal sein – statt mit 1860 gegen den Abstieg, kämpfen sie mit der formstarken Viktoria um den Aufstieg.
ULI KELLNER