Wenn‘s um sportliches Spektakel ging, um das große Spektakel, dann war er in seinem Element. Er fieberte dem NFL Super Bowl entgegen, und er feierte das Ocean Race im Segeln ebenso wie die WM im Fußball. Persönlich war ihm dagegen jede Form von Spektakel fremd. Bescheiden im Auftreten, aber standhaft in der Sache und jederzeit hilfsbereit, das waren seine Markenzeichen. Bei ihm kamen großes Wissen, reiches journalistisches Talent, akribischer Fleiß und die Bereitschaft zur Teamarbeit zusammen; er war ein Vorbild nicht nur in „seiner“ Sportredaktion. Jetzt ist Bernd Brudermanns gestorben, er wurde nur 56 Jahre alt.
Nach seinem Einser-Abitur und zwei Jahren Bundeswehr nahm der Rheinländer Abschied von seiner Heimat. Obwohl einige bezweifelten, dass man davon wenigstens einigermaßen anständig leben kann, wollte er Journalist werden. Er bewarb sich bei der Journalistenschule in München – und wurde prompt genommen. Über ein Praktikum kam er zur tz, wo er bis zuletzt blieb.
Da er sich für fast alles interessierte, was mit Sport zu tun hat – seine Leidenschaft gehörte neben dem Segeln vor allem den großen US-Sportarten wie American Football, Baseball und Basketball –, war er vielseitig einsetzbar. Als Wahl-Giesinger verwunderte es kaum, dass er zwischenzeitlich als 1860-Reporter arbeitete. Auch die Fußball-WM 1998 in Frankreich begleitete Brudermanns vor Ort. Nach einer Station als stellvertretender Ressortleiter war er ab 2006 als Producer tätig. Er verpasste zahllosen Artikeln den letzten Schliff, sorgte für treffende Überschriften.
All das tat er vollkommen unaufgeregt und uneigennützig. Wie man denn die Vorstellung eines neuen Dekans und Hobbykickers betiteln könne, wurde er einmal von einem Kollegen um Hilfe gebeten. „Ein Stürmer im Auftrag Gottes“, hatte Brudermanns die beste aller Zeilen sofort parat. Und als ich vor eineinhalb Jahren mit ihm darüber sprach, was man Olaf Scholz in Füssen bei dessen Bürgerdialog namens „Kanzlergespräch“ fragen könne, musste er nur kurz nachdenken: „Frag ihn doch, mit welchen Politikern er eine siebentägige Hüttenwanderung in den Alpen machen würde“, schlug er vor. Ich hängte nur noch ein „…und mit wem auf gar keinen Fall“ hinten an, und fertig war die Frage, die es einzig aus diesem Termin in so gut wie alle Nachrichtensendungen dieser Republik schaffte.
Privat lebte Bernd eher zurückgezogen. Er schwang sich gerne auf sein Rennrad, Tagestouren entlang der Isar bis Bad Tölz oder auch Lenggries waren für ihn kein Problem. Und wenn das Wetter schlecht war, sah man ihn im Hallenbad seine Bahnen ziehen. Brudermanns war aber auch ein durchaus geselliger Mensch, traf sich gerne mit Bekannten und Kollegen zu Wanderungen oder im Biergarten. Ihm aber wirklich näher kommen, einen Freund nennen, das durften wenige.
Brudermanns war 2022 gerade in die Heimat gereist, um mit Mutter und Schwester Weihnachten zu feiern, da bekam er die schlimme Diagnose. Statt Weihnachten stand eine Operation an, gefolgt von Bestrahlungen und einer Chemotherapie. Er blieb zur Behandlung im Rheinland, und er blieb optimistisch. Sogar Segler Boris Herrmann schickte eine Videobotschaft mit Genesungswünschen. Im Frühjahr 2024 schien die Krankheit tatsächlich besiegt, wenn auch massive Schmerzen blieben. Zumindest ein neues Leben im vorgezogenen Ruhestand schien möglich.
Wieder gegen Jahresende kam dann der Krebs zurück – mit aller Wucht. Seinen 56. Geburtstag im Dezember musste er in der Klinik verbringen, wo er zuvor über acht Stunden lang operiert worden war. Zwar durfte er noch einmal nach Hause, doch wurden die Schmerzen immer schlimmer. So unerträglich, dass er ins Koblenzer Bundeswehr-Zentralkrankenhaus eingeliefert werden musste. „Ich bin jetzt wieder in Koblenz, wo ich aufgewachsen bin“, schrieb er, sprechen konnte er da schon nicht mehr. Als ihm die Ärzte die Hoffnungslosigkeit seiner Lage eröffnen mussten, war er es, der äußerte: „Es ist genug.“ Keine zwei Tage später, in der Nacht zum 26. Januar, verließ er diese Welt, um in eine andere zu gehen.
MICHAEL DÜRR