Gescheit Gas geben

von Redaktion

DSV-Hoffnung Luis Vogt debütiert auf seiner Kandahar

Schlechte Sicht auf der Kandahar: Das Training musste am Freitag abgesagt werden. © IMAGO/Steiner

„Nicht mein Anspruch“: Auf der Streif unterlief Luis Vogt ein Fauxpas und landete nur auf Platz 45. © IMAGO/Klansek

Früher feuerte Luis Vogt (li.) Romed Bauman an, heute will er den Routinier auf der Piste schlagen. © IMAGO/Steiner

Garmisch-Partenkirchen – Schon als kleines Kind hat Luis Vogt davon geträumt, einmal bei einem Weltcup die Kandahar herunterzufahren. Noch genau erinnert er sich an die Heim-WM 2011. Damals war er acht Jahre alt. „Ich war das Startnummernkind vom Romed (Baumann, Anm. d.Red.). Und jetzt fahre ich mit ihm, das ist schon cool.“ Bereits im vergangenen Jahr kam Vogt seinem bisherigen Karrierehighlight so nah wie nie zuvor, doch eine Verletzung verhinderte seinen Start. Ausgerechnet daheim. Seine Premiere feiert der 22-Jährige nun an diesem Sonntag. „Früher bin ich im Ziel gestanden und habe mir ein Autogramm geben lassen, jetzt bin ich beim Klassiker selbst dabei.“ Für Vogt, Baumann und Simon Jocher ist die Abfahrt auf der Kandahar obendrein die letzte Generalprobe vor den Ski-Weltmeisterschaften in Saalbach-Hinterglemm (4. bis 16. Februar).

Die Chancen auf einen deutschen Heimsieg sind schwindend gering. Nach den Rücktritten von Thomas Dreßen und Josef Ferstl fehlt den Abfahrern ein Zugpferd. Jocher laboriert seit dem Sommer an einem Bandscheibenvorfall, hinzu kommt nun auch noch die Fersenverletzung. Nur bei drei Weltcups stemmte sich der 28-Jährige in dieser Saison aus dem Starthaus. Seine Teilnahme auf der Kandahar – ungewiss. Deutschlands bester Abfahrer ist aktuell Routinier Baumann. Der 39-Jährige kann in diesem Winter immerhin auf einen siebten Platz in Gröden verweisen. Mit Abstand das beste Ergebnis aller deutschen Fahrer. In Garmisch-Partenkirchen schaffte es Baumann einmal auf Platz zwei, das liegt allerdings bereits zehn Jahre zurück.

Mit der Empfehlung von Rang 17 in Gröden sowie 28 Weltcup-Punkten kommt Luis Vogt auf die Heimstrecke. Er gilt als das größte Talent. Nur steht er im Gegensatz zu Baumann noch ganz am Anfang seiner Karriere, sammelt in seiner zweiten Profi-Saison vor allem Erfahrung. Podiumsplätze sind für ihn noch in weiter Ferne, daher will er sich auch von der medialen Kritik angesichts der bisherigen DSV-Ergebnisse nicht unter Druck setzen lassen. „Ich versuche, das nicht zu beachten.“

Seine Ergebnisse in Gröden und Bormio verbucht er als Erfolg. „Es gehört mittlerweile viel dazu, dass du vorne reinfährst. Selbst Top-Favorit Marco Odermatt hat es in Kitzbühel nicht hingekriegt. Das zeigt, dass es nicht leicht ist. Selbst für die Besten.“ Vogt war auf der legendären Streif einer von nur zwei deutschen Startern und hatte nach einem kleinen Lapsus schnell einen Rückstand von 1,4 Sekunden angehäuft. Am Ende fuhr er als 45. über die Ziellinie. „Das ist nicht mein Anspruch“, betont er. „Ich habe Fehler eingebaut, die dürfen nicht sein, wenn du vorne dabei sein willst.“ Er hat die Enttäuschung inzwischen abgehakt. „Du brauchst die perfekte Fahrt. Und da muss man sich erst hinkämpfen.“

Einen kleinen Vorteil hat Vogt schon mal: Kaum ein Abfahrer kennt die Kandahar so gut wie er. Am Donnerstag feilte er direkt neben der Rennstrecke an seiner Grundtechnik. Eine konkrete Platzierung hat er nicht im Auge. Sein Erfolgsrezept lautet: einfach Skifahren. Wie als kleiner Bub, als der Spaß an erster Stelle stand, geht er in seine Premiere. „Dir muss eigentlich alles egal sein: Welcher Rang, was passiert – ich darf keine große Erwartungshaltung an mich selber haben. Dann geben wir gescheit Gas.“ Nur, dass ihm diesmal Tausende Menschen im Ziel der Kandahar zujubeln werden. Das hätte der achtjährige Luis 2011 wohl auch nicht gedacht.
JOSHUA EIBL

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