Glöckners Reise in die Vergangenheit

von Redaktion

2019: Bei Viktoria Köln auf Platz 1 entlassen – 2025: Rückkehr mit den Krisenlöwen

Lehrling bei einer Viktoria-Legende: Glöckner mit Olaf Janßen, den er 2018 beerbte – und der 2021 zurückkehrte. © Imago

Lachen längst wieder zusammen: Glöckner (damals Chemnitz-Coach) mit Viktoria-Sportvorstand Franz Wunderlich, der ihn 2019 entlassen hatte – auf Platz eins liegend. © Imago

Vorwärts, Löwen! Trainer Patrick Glöckner, vor der Rückkehr an seine frühere Wirkungsstätte hochmotiviert. © IMAGO

München – Köln also, ausgerechnet. Seine erste Dienstreise mit 1860 führt Patrick Glöckner (48) an jenen Ort, an dem er 2018/19 seine Cheftrainer-Karriere gestartet hatte – mit einem Kuriosum. Glöckner, in der Regionalliga West mit einem Zwei-Punkte-Schnitt unterwegs, wurde vor dem letzten Spieltag entlassen – auf Tabellenplatz 1 liegend. Den Aufstieg mit der Viktoria machte dann Weltmeister Jürgen Kohler perfekt (1:0 über Gladbach II). „Ein echtes Brett“, räumte Glöckner bei der Spieltags-Pressekonferenz am Donnerstag ein. Trotzdem (oder gerade deswegen) freut er sich auf das Wiedersehen im Sportpark Höhenberg. Auf Olaf Janßen, bei dem er als Co-Trainer gelernt hatte und der 2021 auf den Chefsessel zurückkehrte. Und auf Franz Wunderlich, damals wie heute Sportvorstand. Der Mann, der Glöckner kurz vor dessen Krönung vor die Tür gesetzt hatte.

Glöckner spricht von einer „harten, aber lehrreichen Erfahrung“. Die Entlassung kurz vor dem Ziel sei „brutal ärgerlich“ gewesen, blickt er zurück. Wunderlichs Angst vor Verfolger Oberhausen war damals größer als seine Loyalität. „So etwas ist das Schlimmste für einen Trainer“, sagt Glöckner, der heute darüber lachen kann. Mit Wunderlich habe er sich ausgesprochen. Die Spieler seien es damals gewesen, die ihm signalisierten, auf dem richtigen Weg gewesen zu sein: „Ich habe mich sehr gefreut, als sie mich aus der Kabine angerufen haben und sagten: Trainer, das ist auch dein Aufstieg!“

Mit dieser Anekdote endete Glöckners Rückblick. Die Gegenwart, weiß er, ist mindestens genauso unerfreulich. Während die Viktoria erneut auf einer Erfolgswelle surft (fünf Siege in Folge), die Aufstiegsplätze im Blick, reist Glöckner mit einem notorischen Sorgenkind an. Das Team, das er von Argirios Giannikis übernahm, ist verunsichert, der Verein gespalten, aktuell wird mal wieder eine Stadiondebatte geführt: OB Dieter Reiter will wissen, ob die Stadt das Grünwalder Stadion zweitligatauglich ausbauen soll. Dabei ist die Regionalliga näher an der Realität. „Wir spielen ganz klar gegen den Abstieg“, spricht Glöckner Klartext: „Wir sind in einer Außenseiterposition, deswegen haben wir quasi nichts zu verlieren.“

Im Spiel bei der Viktoria muss der 1860-Coach mit dem vorhandenen Personal auskommen. Kurz vor Transferschluss ist keine weitere Verstärkung in Sicht, und auch aus einer Blitz-Rückkehr von verletzten Profis wie Jesper Verlaat wurde nichts. Glöckner bleibt also nichts anderes übrig, als seine Startelf aus dem Stuttgart-Spiel starkzureden, vielleicht den von ihm hochgeschätzten Patrick Hobsch zu bringen (für Maxi Wolfram) – und ansonsten die positiven Erkenntnisse, gewonnen bei seinem Einstands-1:1, herauszustreichen. „Fakt ist“, sagt Glöckner: „Wir haben eine gute Mentalität und Laufleistung auf den Platz gebracht, haben uns den Arsch aufgerissen und uns in jeden Ball geworfen. Das ist das Fundament.“ Das Fundament, von dem aus er nach Köln reist, um die Siegesserie seines Ex-Vereins zu beenden: „Ich bin so veranlagt, dass ich jedes Spiel gewinnen möchte.“ Es wäre eine Genugtuung für ihn – auch wenn er zu höflich ist, das zuzugeben.
ULI KELLNER

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