Der nächste Deutsche in der NFL?

von Redaktion

Leander Wiegand kämpft im IPP-Programm um seinen großen Traum

In München lernte Wiegand von NFL-Legende Joe Thomas. © IMAGO

Alle wegblocken, das ist die Aufgabe von Leander Wiegand (Nr. 71). © IMAGO

Sieger-Zigarre: Mit Rhein Fire gewann Wiegand 2023 die ELF. © IMAGO

So schnell kann es gehen. In der letzten Saison spielte Leander Wiegand (196 cm, 135 kg) für die Munich Ravens in der European League of Football. Jetzt wurde der 25-Jährige von der National Football League als einziger Deutscher für das International Pathway Program ausgewählt. Ein großer Schritt in Richtung NFL. Im Interview mit unserer Zeitung spricht Wiegand über die Zeit in München, Hilfe von der Oma und Hof-Einheiten mit seinem Bruder.

Leander Wiegand, Sie sind für das International Pathway Program der NFL ausgewählt worden. Was hat es damit auf sich?

Das bedeutet mir alles. Das bringt mich meinem Traum, in der NFL zu spielen, ein großes Stück näher. Es ist ein tolles Gefühl, das die harte Arbeit gesehen wird. Ich brenne seit vielen Jahren für Football, bringe auch einige Opfer, es gab immer wieder Rückschläge. Mit dem IPP-Programm sucht die NFL weltweit nach Athleten, die nicht ohnehin durch College-Football auf dem Radar sind. Man kann sich nicht aktiv dafür bewerben, sondern wird gefunden. Dieses Jahr sind auch einige dabei, die noch nie Football gespielt haben, und aus dem Rugby kommen. Es sind 14 Athleten aus elf Nationen, und ich habe das Privileg, Deutschland zu vertreten. Ich will die Erwartungen übertreffen und zeigen, dass ich in diese Liga gehöre.

Mit den Munich Ravens haben Sie die Playoffs erreicht.

Die Zeit in München war super positiv. Die Heimspiele in Unterhaching hatten eine gewisse Magie, die Fans waren immer da. Das letzte Saisonspiel gegen Tirol, eine richtige Prügelei im Regen (lacht). Wir sind in die Playoffs eingezogen und haben gezeigt, wie viel Potenzial in München steckt. Es ist etwas ganz Besonderes, was hier aus dem Boden gestampft wurde. Ich hatte das riesige Glück, von Joe Thomas (spielte jahrelang in der NFL für die Cleveland Browns und wurde 2020 ins Team des letzten Jahrzehnts gewählt, Anm. d. Red.) trainiert zu werden. Eine absolute Legende. Neben all dem Football-Wissen, das er vermittelt, ist er auch eine super angenehme Person. Sein Wort hat viel Gewicht, ich glaube auch deshalb darf ich mich nun beweisen. Ich habe den Anruf bekommen, während ich in der Uni saß. Das war einer der glücklichsten Momente meines Lebens.

Wann war für Sie klar, dass Football einen großen Teil Ihres Lebens einnimmt?

In der elften Klasse hatte ich einen High-School-Austausch. Das kam mir alles vor wie im Film. Football ist in Amerika schon in den Schulen und Universitäten riesig. Ich durfte damals schon mittrainieren. Zurück in Deutschland habe ich dann in Aachen angefangen. Das hatte zwar nicht den Glanz von Friday Night Lights (TV-Serie über ein Football-Team), aber es hat mich absolut gefesselt. Ein Teamsport, der hochgradig taktisch ist und eine unheimliche physische Komponente hat. In der O-Line haben wir mit dem Ball eigentlich gar nichts zu tun. Wir blocken den Weg frei. Es gibt nicht viel bessere Gefühle auf dem Feld als jemanden gegen seinen Willen zu einem anderen Punkt zu schieben (lacht).

Ihr Bruder spielt auch Football. Es ist also eine Familien-Leidenschaft.

Laurin ist zum zweiten Mal mit Rhein Fire Champion geworden. Wir haben jahrelang zusammen trainiert. Während Corona haben wir uns im Hof aus Steinen selbst Gewichte zusammengebastelt. Mit Holz aus dem Wald haben wir uns Trainingsgeräte gebaut. Es ist schön, diese Leidenschaft mit dem Bruder teilen zu können. Eine Football-Saison ist immer was ganz Besonderes. Du wächst im Laufe der Zeit zu einer Familie zusammen.

Auch in Deutschland wird die Football-Familie immer größer.

Es gibt immer mehr Podcasts, immer mehr Menschen, die in NFL-Trikots rumlaufen. Die Spiele in der ELF ziehen mehr Fans an. Die NFL-Spiele in Deutschland sind ein riesiger Faktor, da hast du die Superstars direkt vor der Haustüre. Mein Traum ist es, dass der Sport noch mehr gefördert wird und Kinder die Ausrüstung gestellt bekommen. Meine Oma hat mir damals meine ersten Pads und meinen ersten Helm gekauft. Ich weiß gar nicht, ob ich sonst angefangen hätte. Wir alle schauen gerne NFL- und College-Football, der lokale Football verdient auch mehr Beachtung. Wenn mehr Fans kommen, gibt es mehr finanzielle Mittel und dadurch wird das Produkt Europäischer Football auch immer besser. Es geht alles in die richtige Richtung.


INTERVIEW:

NICO-MARIUS SCHMITZ

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