Dieter Baumann, Ex-Leichtathlet. © Weißbrod/dpa
Tübingen – Dieter Baumann trifft man dieser Tage nicht irgendwo beim Laufen rund um Tübingen an, sondern am Schreibtisch. Die Achillessehne plagt ihn heftig. „Die lässt mich ganz schön hängen. Drama“, sagt der 5.000-Meter-Olympiasieger von 1992: „Aber nein, es gibt schlimmere Dramen. Ich fahre bisschen Rad und warte auf den Tag, wo ich wieder traben kann.“ Ein Leben ohne Laufen – eigentlich unvorstellbar bei Baumann.
Ein Leben ohne Laufen – eigentlich unvorstellbar bei Baumann. Am Sonntag (9. Februar) feiert der Schwabe seinen 60. Geburtstag. Das macht ihn sichtlich nachdenklich. „Tatsächlich ist es schon eine Hausnummer. Ja, doch, ich würde schon sagen, dass diese Marke mich zum ersten Mal berührt. Bisher ist das alles so an mir vorbeigegangen, aber da merkt man: Hoppla, das ist etwas anderes.“ Warum, das wisse er auch nicht.
Populär bis heute ist Baumann nicht nur wegen seines Gold-Rennens, seiner vielen Titel und Rekorde und seiner unverwechselbaren unverblümten Art, sondern auch durch die berühmte, bis heute ungelöste Zahnpasta-Affäre. Der Weg durch die Instanzen nach einem positiven Dopingtest 1999 – später wurde das verbotene Mittel Nandrolon in seiner Zahnpasta gefunden – hat seine Karriere ebenso geprägt. Baumann redet schon lange nicht mehr darüber. „Alter Hut.“ Es ist und bleibt eine Glaubensfrage: Dopingsünder oder Opfer eines perfiden Anschlags? „Ein spannender Fall. Juristisch aufgearbeitet, aber im Kern ungelöst. Die letzte Gewissheit gibt es nicht“, sagte sein früherer Anwalt Michael Lehner.
Als Kabarettist, erzählte Baumann mal, habe er oft die Erfahrung gemacht: „Es ist verrückt: Ich muss nur ‚Zahnpasta‘ sagen, und alles lacht.“ Vom Kabarett ist der frühere Leichtathletik-Star inzwischen fast ganz abgekommen nach den schwierigen Corona-Zeiten. „Ich habe so ein bisschen den Faden verloren. Ich bin unheimlich gerne auf der Bühne. Aber das alles noch mal neu zu starten, diese Energieleistung hatte ich nicht mehr.“
Sein neues Projekt will Baumann im Oktober präsentieren – ein Theaterstück nach der Novelle „Im Feld“ von Joachim Zelter. Da wird er dann auf dem Rennrad auf der Bühne auftreten. Ansonsten widmet sich Baumann seiner Lauf-Leidenschaft auf eine ebenso originelle wie originäre Art: Für das Magazin „Runner‘s World“ berichtet er als Teilnehmer von Dorfläufen. „Ohne Dorfläufe gäbe es den Berlin-Marathon nicht, weil jeder irgendwo anfängt.“
DPA