„Man darf mich gerne mit Müller vergleichen“

von Redaktion

Oldie but Goldie: Rodel-Ass Loch im WM-Interview

Rasant in die Zielgerade der Rodel-Karriere: Felix Loch.

Will bei der WM jubeln und hat Olympia 2026 schon im Blick: Felix Loch. © IMAGO

München – Felix Loch fühlt sich gut – sogar so gut, dass der 35-Jährige im Laufe der Woche einige Trainingsläufe ausließ. Die Bahn in Whistler, wo an diesem Wochenende um die WM-Medaillen gefahren wird, gefällt dem 14-maligen Weltmeister, er geht selbstbewusst in seine 14. WM. Ein Gespräch über Rodeln im Alter, Konkurrent Österreich und seine Pläne bis 2030.

Herr Loch, die WM-Generalprobe in Oberhof verlief unter dem Motto: „Das deutsche Imperium schlägt zurück.“ Mit wie viel Rückenwind ist das BSD-Team nach Whistler gereist?

Das sind immer schöne Schlagzeilen… Aber wir waren auch sehr erfolgreich! Es ist, wie es ist, im Sport: mal geht es in die eine, mal in die andere Richtung. Und die Österreicher sind einfach stärker geworden, vor allem am Start haben sie sich enorm gesteigert. Das sind etwa drei bis fünf Hundertsteln, die sie in den letzten Jahren einfach liegen gelassen haben. Der neue Athletiktrainer hat das aus ihnen herausgekitzelt – und sind wir doch ehrlich: Konkurrenz macht unseren Sport interessanter. Was nichts daran ändert, dass es für uns wichtig war zu sehen, dass wir auch noch ganz oben stehen können. Wir dürfen uns nur keine Fehler erlauben…

Klingt simpel. Allerdings hat der österreichische Verband das Ziel ausgegeben, Deutschland bei den Olympischen Spielen im kommenden Jahr als Rodel-Nation Nummer eins abzulösen.

Man muss die Österreicher zu 100 Prozent auf der Rechnung haben. Aber wir können schon auch noch ein paar Prozent rausholen in Richtung Cortina. Es gibt Jahre, in denen alles zusammenpasst, und Jahre, in denen man für den Erfolg ein wenig tüfteln muss. Wir haben es immerhin schon geschafft, wieder mit Österreich auf Augenhöhe zu sein. Wer gewinnt, ist aktuell abhängig von der Tagesform.

War die „Watschn“ aus Österreich zu Beginn der Saison eine „Watschn mit Ansage“?

Dass sie in Innsbruck gut sind, haben wir gewusst. Das erste Oberhof-Rennen war ärgerlich, aber vor allem, weil Max (Langenhan/d.Red) und ich schlecht gestartet und schlecht gefahren sind. Solche Tage sind zum Vergessen, man muss sie nüchtern betrachten, analysieren und abhaken. Deshalb war das zweite Wochenende in Oberhof jetzt für uns sehr wichtig. Unser Selbstbewusstsein ist pünktlich zur WM wieder groß.

Sie sagen, es gibt Phasen, in denen alles läuft, und Phasen, in denen nichts zusammenpasst. Wie stufen Sie Ihre persönliche Saison bisher ein?

Es ist keine ganz gute, aber auch keine ganz schlechte. Es ist mittendrin – mit Tendenz zur besseren Seite. Die Startzeiten wurden immer besser, das zeigt mir auch mit Blick auf die olympische Saison, wie ich was und wann machen muss, um am Saisonhöhepunkt topfit zu sein. Auch materialtechnisch probieren wir einiges aus, was in die richtige Richtung geht.

Bisher stehen drei Podestplatzierungen, aber noch kein Sieg. Sie sind also bei der WM bereit?

Es wäre schön, wenn es vielleicht in Whistler klappt (lacht). Auf der Bahn wird es aber ein enges Rennen. Jedes Hundertstel, das du am Start auf deiner Seite hast, ist in Whistler enorm wichtig. Leider wird auf der Bahn jeder kleinste Fehler zeitlich bestraft. Du brauchst zwei perfekte Läufe. Es heißt, das letzte Hemd zu geben.

Auch Ihr Vater wird dabei sein – obwohl er das Amt des Bundestrainers im vergangenen Jahr an Patric Leitner weitergegeben hat. Beruhigt Sie das?

Beruhigen ist übertrieben. Trotzdem bin ich froh, dass er mit dabei ist. Auch im kommenden Jahr in Cortina wird er die beiden Trainingswochen begleiten, bei den Olympischen Spielen wird er als Trainer dabei sein. Das ist gut fürs ganze Team, weil seine Expertise schon wichtig ist. Er macht das gerne, das macht ihm schon noch Spaß, er ist aber vor allem mit der Rolle im Hintergrund glücklich.

Wie ist der neue Chef?

So, wie ich ihn mir vorgestellt habe. Ich kenne Patric schon so lange, von daher wusste ich, dass es etwas anders wird als unter meinem Vater. Es macht ja einen Unterschied, ob man fünf, sechs Sportler am Stützpunkt oder mehr als 15 im Weltcup betreut. Es passt! Natürlich wird sich aber trotzdem alles noch weiter finden. Jeder weiß, was er zu tun hat, aber damit die Stellschrauben ganz genau ineinandergreifen, braucht es noch ein wenig. Wir sind da in der Findungsphase, aber es funktioniert von Woche zu Woche besser.

Ihm ist der Teamgedanke sehr wichtig. Spürt man das?

Früher, vor mehr als einem Jahrzehnt, war es schon schwieriger in unserem Team. Da hat jeder nur auf sich geschaut. In den letzten drei, vier Jahren aber hat man gemerkt, wie das Team immer mehr zusammengewachsen ist. Die Mischung aus Jung und Alt, aus Erfahren und Unerfahren passt. Harmonie im Team ist Patric sehr wichtig – aber am Ende sind wir eine Individualsportart. Jeder will der Beste sein. Was nichts daran ändert, dass man sich im Ziel zusammen freuen kann.

Was ist denn unter ihm ganz anders als unter Ihrem Vater?

Mein Vater war sehr, sehr strukturiert, das hat er sich über viele Jahre erarbeitet. Bei Patric habe ich mit ein wenig „Chaos“ gerechnet (lacht). Ich will nicht sagen, dass alles chaotisch ist, aber es ist wie in jedem Job: Mit Erfahrung wächst man. Das Gute ist: Er kann aber jederzeit nachfragen, mein Dad und Patric sitzen Büro an Büro.

Bis 2026 wird die gemeinsame Reise weitergehen. Und dann?

Olympia ist gesetzt, das ist klar. Danach schaue ich mir an, was mein Körper sagt. Solange alles passt, solange ich vorne mitfahren kann – und mit der Aussicht, 2028 eine WM am Königssee zu haben –, denke ich nicht ans Aufhören. Und dann ist ja auch bald schon wieder 2030, also: ein Olympia-Jahr.

Sind Sie wie Thomas Müller: Ohne ihn ist der FC Bayern nicht vorstellbar – ohne Sie der Rodel-Zirkus?

Sie können mich gerne mit Thomas Müller vergleichen (lacht)! Er verkörpert den FC Bayern wie kaum ein Zweiter. Wenn du ihn bringst, bringt er der Mannschaft immer noch was – den muss man halten, so lange es geht. Und danach musst du schauen, ihn an den Verein zu binden. Genau das, dieses Familiäre, diese Typen, macht der Verein aus. Wenn man meinen Einfluss auf den Rodel-Zirkus ähnlich sieht, fühle ich mich sehr geehrt.


INTERVIEW: HANNA RAIF

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